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FBW-Bewertung: Enklave (2016)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Vom Bürgerkrieg und seinen Folgen und Auswirkungen erzählt ENKLAVE von Goran Radovanovic. Der Film, der im Kosovo des Jahres 2004 angesiedelt ist, handelt von dem zehnjährigen Nenad, der in einer serbischen Enklave des Landes aufwächst. Tag für Tag holt ihn ein gepanzertes Fahrzeug der KFOR ab und bringt ihn zur Schule, wo er der einzige Schüler ist. Viele andere Serben haben die Gegend bereits verlassen und so leidet Nenad sehr unter der Einsamkeit, denn die anderen Kinder seiner Gegend hassen ihn, bewerfen den Panzer, der ihn zur Schule bringt, regelmäßig mit Steinen und machen ihm klar,dass er hier nicht erwünscht ist. Als eines Tages Nenads Großvater stirbt, durchbricht der Junge die unsichtbaren Frontlinien, denn nur auf diese Weise kann er seinem Opa eine angemessene Beerdigung ermöglichen, Dadurch aber bringt er sich in Gefahr, denn ein albanischer Junge hat in dem Konfliktseinen Vater verloren und sinnt auf Rache ?

Es ist eine sehr spezielle und beinahe schon absurde Situation, in der das karge und manchmal fast skizzenhaft wirkende Drama angesiedelt ist: Ein Panzer als Schulbus, eine Schule, die nur aus einem einzigen Schüler besteht, Kinder, die einander Todfeinde sind, ohne Gründe für ihren Hass zu wissen, dazu Erwachsene (und zwar fast ausschließlich Männer), die aus Trotz und Stolz ausharren, obwohl das Leben im Kosovo längst unerträglich für sie geworden ist - Goran Radovanovic bringt in seinem Film dieAbsurdität von Bürgerkrieg und ethnischen Konflikten treffend auf den Punkt. Die Szenen sind durchzogen von einer latenten Aggressivität, die verdeutlichen, unter welcher Anspannung die Menschen hier auch nach dem Ende der Kriegshandlungen hier leben. Wenn beispielsweise der albanische Junge, dessen Vater von Serben getötet wurde, mit gezogener Waffe immer wieder auf Menschen zielt, dann muss man als Zuschauer in jeder Szene befürchten, dass er abdrückt?

Getragen wird das Drama vor allem von der beeindruckenden Leistung von Filip Subaric, in dessen zumeist stummem Mienenspiel sich alle Facetten einer kindlichen Erlebenswelt inmitten einer grausamen und verwirrenden Umwelt widerspiegeln. Gerne hätte man mehr erfahren über die genauen Lebensumstände und die anderen Bewohner der Enklave, doch Radovanovics Fokus auf Nenad und seinen Blick auf die Welt versöhnt mit dem ungeschminkten Einblick in eine kindliche Seele.



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