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FBW-Bewertung: Mein ziemlich kleiner Freund (2016)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Diane, eine junge Anwältin, kommt genervt nach Hause und erhält einen unerwarteten Anruf: Am anderen Ende ist ein gewisser Alexandre, der von ihrem Handy aus anruft. Diane hatte es nach einem Streit mit ihrem Exmann und Partner Bruno im Restaurant liegen lassen. Ihr Ärger verfliegt in dem Maße, wie Alexandre sie ineine anregende Konversation verwickelt. Er ist charmant, witzig und hartnäckig, und schließlich willigt Diane in ein persönliches Treffen ein. Doch da erwartet sie eine Überraschung: Der Mann, dem sie begegnet, misst gerade einmal 1,36 Meter. Da er aber in seinem Alltag, in seinem Beruf als Architekt und schließlich auch in seinem Werben um Diane ganz selbstverständlich mit dieser ?Größe? umgeht, entsteht zwischen beiden aus Sympathie bald Liebe. Das geht trotz einiger Irritationen gut, solange sie allein sind. Aber wie wird Dianes Umfeld auf diese ungleiche Beziehung reagieren, und wie wird sie selbst mit fremden und eigenen Vorurteilen umgehen?

Was wie ein?typisch französischer? Film daher kommt, ist das französische Remake eines argentinisch-brasilianischen Films aus dem Jahr 2013, der allerdings in Europa keine große Verbreitung fand. So wurde an der Côte d?Azur aus Marco Carnevales ?Corazón de León? Laurent Tirards ?Un homme ? la hauteur?.
Der Film bereichert das Genre der Romantischen Komödie um die Variante des kleinen Mannes und kommt zu dem Schluss, dass wahre Größe sich nicht in Zentimetern messen lässt. Gespielt wird Alexandre allerdings nicht von einem kleinwüchsigen Darsteller, sondern von dem französischen Kinostar und Oscar-Preisträger Jean Dujardin. Eine Reihe von Tricks, Digital- und Spezialeffekten waren nötig, um ihn auf kleine Größe schrumpfen zu lassen und gleichzeitig harmonisch in die jeweilige Umgebung einzufügen. Wenn er nonchalant im Sessel sitzt, ohne dass seine Füße den Boden berühren, hat er alle Sympathien auf seiner Seite. Hinzu kommt natürlich, dass Alexandre als derart charismatischer ? und wohl situierter ? Charakter konzipiert ist, dass man sich einfach in ihn verlieben muss.

Dennoch sind es die ausgezeichneten Schauspieler, die den Film durch alle romantischen Momente und slapstickartigen Situationen tragen: Neben Jean Dujardin sind dies vor allem Virginie Efira als Diane und der Regisseur Cédric Kahn als ihr Ex-Mann Bruno, der noch immer bestimmend in ihre Arbeit und ihr Leben eingreifen will. Sehr gut besetzt und gestaltet sind auch die originellen Nebenfiguren wie Dianes Sekretärin Coralie, ihre Mutter Nicole oder Alexandres Sohn Benji, die die Reaktionen der Umwelt spiegeln.

Der Film variiert die typische romantische Geschichte eines ungleichen Paares, das trotz aller Widernisse zusammenfindet, mit großem Charme, Witz und Mitgefühl. Grundlage bildet das von Laurent Tirard und Grégoire Vigneron adaptierte Drehbuch, das gekonnt mit allen Vorurteilen und Verwicklungen dieser Konstellation spielt und sie mit viel Situationskomik und pointierten Dialogen auslotet. Tragische und komische Momente, anrührende und farceähnliche Sequenzen wechseln einander in perfektem Timing ab und werden von der hervorragenden Regie mit großer Eleganz und Leichtigkeit verbunden. Das milde Licht der Côte d?Azur, die schwebende Kamera, die großartige Ausstattung sowie die wunderbare Filmmusik von Eric Neveux tragen zum Augen- und Ohrenschmaus bei.

MEIN ZIEMLICH KLEINER FREUND erzählt eine anrührende Geschichte, ohne dabei in Kitsch abzugleiten, und behandelt ein ernstes Thema mit viel Humor, ohne seine Protagonisten der Lächerlichkeit auszusetzen.




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