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Berlinale 2014 - Tag 7

Heute fehlten die klaren Highlights. Es gab viele mäßige, durchschnittliche, solide und auch ein paar gute, aber keine wirklich herausragenden Filme zu sehen.

Der Wettbewerbsbeitrag "Aloft" (= weit/hoch oben) von der peruanischen Regisseurin Claudia Llosa – die 2009 auf der Berlinale für "Eine Perle Ewigkeit" mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde – bewegt sich innerhalb von über zwanzig Jahren aus dem ewigen Schnee ins ewige Eis, in rätselhaften Rückblenden: Ein Kanadier (Cillian Murphy) reist zusammen mit einer Journalisten (Mélanie Laurent) nordwärts, zu entlegenen Koordinaten jenseits eines gefrorenen Sees, um seine ihm schon als Kind entfremdete Mutter (Jennifer Connelly) wieder zu sehen. Sehr langsam baut der Film mit sprunghaften Rückblenden die tragische Dramatik einer ungewöhnlichen Familie auf und berührt durch die ausnahmslos überzeugenden Darsteller.

"La tercera orilla" ("Die dritte Seite des Flusses") von Celina Murga ist ein argentinischer Film, der in seinem kargen Realismus mit dem weitgehend ereignislosen Plot und dem offenem Ende an die Berliner Schule erinnert und vom Zuschauer einige Geduld erfordert. Die Story dreht sich um einen Teenager, der unter seinem ganz offen parallel in zwei Familien lebenden Macho-Vater leidet, seinen Ekel vor dem Vater aber lange unterdrückt - bis sich endlich eine Möglichkeit zur Rache ergibt. Recht gut gespielt von Hauptdarsteller Alian Devetac hat das Drama in der Wettbewerbs-Pressevorführung nicht unbedingt zu Begeisterungsstürmen geführt, aber immerhin durchschnittlichen Applaus geerntet.

Als dritter Wettbewerbsfilm lief heute heute der chinesische Neo-Noir "Bai Ri Yan Huo" ("Black Coal, Thin Ice"). Der Film handelt davon, dass in einer nordchinesischen Kleinstadt im Jahre 1999 in der Kohle verschiedener Fabriken Leichenteile auftauchen. Bei der Festnahme der mutmaßlichen Täter, kommen zwei Polizisten ums Leben, während Zhang schwerverletzt überlebt, vom Dienst suspendiert wird und später als Wachmann arbeitet. Fünf Jahre später kommt er erneut zu ähnlichen Leichenfunden. Zhang nimmt nun auf eigene Faust Ermittlungen auf und entdeckt, dass alle Opfer in Beziehung zu der jungen Mitarbeiterin einer Reinigung standen. "Bai Ri Yan Huo" gefällt durch die gelungen eingefangene Atmosphäre dieser recht bodenständigen Stadt fern des Trubels von Metropolen wie Shanghai oder Peking. Der Film zeigt eine eigene Handschrift, die eine leichte Stilisierung mit einer starken Lockerheit verbindet. Insbesondere die Schlussszene ist von einer charmanten Lässigkeit, die Lust auf weitere Filme von Yi'nan Diao macht. Insgesamt ist dies ein sehr erfreulicher, aber auch kein herausragender Beitrag.

Das Biopic "Cesar Chavez", zu sehen in der Sektion Berlinale Special, ist ein recht konventionelles Drama über den mexikanischen US-Migranten, der in den 1960er Jahren das Recht auf eine gewerkschaftliche Vertretung für die Landarbeiter Kaliforniens erstritt. Durchschnittlich inszeniert und solide gespielt (vor allem von John Malkovich als unsympathischen Chavez-Gegner Bogdanovitch), vermag das thematisch eigentlich recht interessante Drama leider nicht zu berühren. So bleibt hauptsächlich im Kopf, dass Barack Obama sein "Yes we can" offenbar von Chavez' Gewerkschaftsbewegung geklaut hat.

Das Panorama Special "Kuzu" von Kutlug Ataman ist eine über weite Strecken recht unterhaltsame, wenn auch an Klischees nicht unbedingt arme Drama-Komödie über eine Familie, die verarmt in einem kleinen Dorf in den Bergen wohnt. Während die Mutter mit den Kindern versucht, dass knappe Familieneinkommen aufzubessern, bringt es der Familienvater - sicher nicht der hellste Stern am Himmel - fertig, sich von Kollegen und einer abgehalfterten Prostituierten über' Ohr hauen zu lassen und all das Geld, das seine Ehefrau für die Beschneidungsfeier seines Sohnes zusammengespart hat, zu verprassen. Gedreht in den anatolischen Bergen enthält der Film neben einer Reihe witziger Dialoge auch hübsche Aufnahmen der verschneiten Bergwelt. Allerdings dermaßen plötzlich und unglaubwürdig daher, das es den eher positiven Eindruck doch ein wenig schmälert.

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