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Alain Delon als 'Der Chef'
Alain Delon als 'Der Chef'
© Rialto Pictures/Studiocanal

TV-Tips für Freitag (26.6.): Chefsache Alain Delon

3sat zeigt "Der Chef"

Zeit ist Geld - nirgends lernt man das als Zuschauer eindrucksvoller als in dem US-Thriller "In Time", der im Pro7-Hauptprogramm ausgestrahlt wird. Wer aber seine Zeit am besten anlegen möchte, investiert sie in den französischen Kriminalfilm "Der Chef", den 3sat im Spätprogramm zeigt.

"In Time - Deine Zeit läuft ab", Pro7, 20:15 Uhr:
Im Jahr 2169 hören Menschen auf, mit 25 Jahren zu altern. Dann bleibt ihnen noch ein Jahr Lebenszeit - es sei denn, sie kaufen sich zusätzliche dazu. Will Salas (Justin Timberlake), einer derjenigen, die ständig knapp bei Kasse und auf der Jagd nach Zeit sind, wird des Mordes beschuldigt und flieht mit einer Geisel (Amanda Seyfried). Dabei wird er zur Bedrohung des gesamten (Zeit-)Systems.

Viele Menschen wünschen sich mehr Zeit – für Freunde und Familie, für ihre Hobbies. Dieser Thriller treibt den Wunsch nach Zeit noch ein ganzes Stück weiter: Regisseur und Drehbuchautor Andrew Niccol präsentiert dabei eine offensichtliche Parabel auf den Kapitalismus ("Zeit ist Macht"): Wer hat, dem wird gegeben – und die oberen Zehntausend können es sich leisten, provozierend verschwenderisch mit ihrer Zeit umzugehen – während diejenigen, welche keine Zeit haben, herumhetzen und schauen, wie sie zurecht kommen.

Ausgerechnet in den von der Kapitalismuskrise gebeutelten Vereinigten Staaten wollte das Publikum 2011 von dieser interessanten Kritik am bestehenden System nichts wissen; die Fox-Produktion floppte, zumal auch die Rezensenten insgesamt abschätzig über "In Time" urteilten. Aber sie ist einen Blick wert, wie beispielsweise auch Roz Laws von der "Birmingham Post" meinte: "Wäre Zeit wirklich eine Währung, wäre ich nicht sicher, dass ich 109 kostbare Minuten hierfür ausgeben wollte – und trotzdem ist dies gerade sehenswert genug, um keine komplette Zeitverschwendung zu sein."



"Der Chef", 3sat, 22:35 Uhr:

Im französischen Küstenort Saint-Jean-des-Monts überfallen vier Männer eine Bank. Die Beute soll nur einen noch viel größeren Coup finanzieren. Doch als einer der Bankräuber angeschossen wird, gestaltet sich das Unternehmen schwieriger als gedacht.

Regisseur Jean-Pierre Melville verstarb 1973 im Alter von 55 Jahren viel zu früh. "Un Flic" (Ein Bulle, so der Originaltitel) aus dem Vorjahr sollte so sein letzter Film bleiben. Er arbeitete hier nochmals mit Alain Delon zusammen, mit dem er 1967 seinen berühmtesten Film "Der eiskalte Engel" gedreht hatte. Hatte Delon damals noch einen Auftrags-Killer verkörpert, so steht er in diesem französischen Kriminalfilm als Kommissar auf der anderen Seite des Gesetzes. Seine Darstellung gilt als eine seiner meisterhaftesten.

Melville's Werk ist nichts für Freunde schneller Schnitte oder rasanter Action. Der Film entfaltet sich eher wie ein Spionagefilm von John Le Carré, in dem die Charaktere wie Schachfiguren über das Feld bewegt werden und sich gegenseitig konfrontieren. Der raffinierte und nicht schnell zu durchschauende Streifen ist auch durch seine langen, in Echtzeit abgebildeten Szenen bestimmt. Wer sich auf ein solch langsameres Erzählen einlassen kann, dürfte mit einem der besseren Beispiele aus dem Krimi-Genre belohnt werden.

Ein Zuschauer aus Portugal meint: "Melville hat den Film ein verwaschen blaues Aussehen verliehen, in einem Paris, in dem der Regen nicht aufhört. Es ist eine düstere, kalte Welt - so wie die Charaktere. Er nimmt sich Zeit, die Szenen aufzubauen, missbraucht den Schnitt nicht, sondern lässt die Szenen ausufern, so dass der Betrachter alle Details aufnehmen kann. Und was noch besser ist: Er missbraucht auch keine Dialoge. Seine Figuren sind in sich gekehrte Männer der Tat, die mit Blicken und durch ihre Handlungen kommunizieren. Das Meiste wird in diesem Film durch das Visuelle vermittelt. Die Dialoge sind spärlich, knapp und auf den Punkt."

"Cloverfield", Pro7, 00:20 Uhr:


Das gibt es auch nicht alle Tage: Kinos, die ihre Kunden warnen müssen. "Wegen der Filmmethode von 'Cloverfield' können Gäste, die diesen Film sehen, Übelkeit entwickeln, ähnlich wie bei einer Achterbahnfahrt." Tatsächlich klagten nicht wenige über Unwohlsein und Brechreiz, nachdem auf der Leinwand die Kamera hektisch hin- und hergeruckelt und geschwenkt hatte. Regisseur Matt Reeves ("Planet der Affen: Revolution") wollte seinen Horrorfilm so drehen, wie es die Generation Youtube tun würde - mit eigenen Handys und Videocams, getreu dem Motto: Stell Dir vor, ein Monster verwüstet deine Stadt - und du hältst drauf.

Der Streifen von 2008 erzählt von einer Gruppe von Freunden, die sich in die Straßen von New York City zurückziehen, während ein undefiniertes Monster die Stadt angreift. Die Kunst imitiert das Leben. Reeves und Drehbuchautor Drew Goddard ("World War Z") lassen die Zuschauer nicht mehr wissen als die Figuren im Film. Die Schauspieler wiederum wussten genauso wenig wie die Figuren. "Cloverfield" (im Kalten Krieg der Codename des US-Militärs für New York City) wurde in absoluter Geheimhaltung gedreht. Die namenlosen Darsteller sprachen mit Rollen vor, die mit dem Film nichts zu tun hatten, bekamen dann während der Dreharbeiten immer nur die Ausschnitte aus dem Skript zu sehen, die sie zu drehen hatten, und die Paramount Pictures-Produktion blieb lange ohne Titel.

Hinter dem Ganzen steckte J.J. Abrams ("Star Trek: Into Darkness") als Produzent, der während eines Aufenthalts in Japan mit der "Godzilla"-Popularität konfrontiert wurde und Lust bekam, einen eigenen Monsterfilm zu drehen. Indes einen, in dem das Monster kaum zu sehen ist, dafür um so mehr die Auswirkungen seines Wütens. Der Streifen wurde schnell und mit einem geringen Budget in Höhe von 25 Millionen Dollar gedreht. Interessanter als die eigentlichen Dreharbeiten war die virale Marketing-Kampagne im Internet: Die Werbeabteilung streute im Internet Ausschnitte, kurze Trailer und Pseudo-Dokumentationen über den Vorfall im Film a la "The Blair Witch Project" und generierte so im Vorfeld schon viele Spekulationen und damit kostenlose Werbung in der Web-Gemeinde.

Die spannungsvolle Vorfreude machte sich dann mit einem großartigen Eröffnungswochenende von 40 Millionen Dollar bezahlt, unterstützt von einer guten Werbekampagne mit dem einprägsamen Poster der geköpften Freiheitsstatue und getragen von guten Kritiken für Reeves' ökonomisch hergestelltes, künstlerisch cleveres und mit Schreckmomenten durchsetztes Werk. Allerdings bröckelte die Begeisterung dann schnell ab; nichtsdestotrotz wurde der Film mit 170 Millionen Dollar weltweit ein solider Erfolg.

Kritikerin Ali Graw befand in "TheShiznit.co.uk": "Was ist das hier? Der beste Godzilla-Film, der nie gedreht wurde? Eine Neuerfindung des Monsterfilm-Genres? Man könnte sicherlich für beides Argumente finden: Es fühlt sich an wie jeder Monsterfilm, den man in seinem Leben bisher gesehen hat, aber aus einer total frischen Perspektive."



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