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Academy Awards

Zur Oscarverleihung

Das erste Mal: Verleihung in nur fünfzehn Minuten

16. Mai 1927, Downtown Los Angeles: Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences tut sich als Non-Profit-Organisation mit 36 Mitgliedern zusammen. Douglas Fairbanks Sr. kürt man zum Präsidenten der Academy, die sich ab sofort damit beschäftigen will, Ausbildung, technischen Fortschritt und Kooperation im Filmgeschäft voranzutreiben. Nun aber trifft man sich erst mal zum festlichen Bankett, im Crystal Ballroom des Biltmore Hotels. Dort soll auch über eine Idee von Louis B. Mayer, dem Präsidenten der Metro-Goldwyn-Mayer Studios, diskutiert werden: Die Academy, so Mayer, solle einen Filmpreis verleihen, um herausragende Leistungen angemessen würdigen zu können. So könne die Academy den erwünschten Anreiz bieten, die Qualität in allen Bereichen des Filmgeschäfts zu verbessern. Und nicht zuletzt könne sich die Filmindustrie damit ein wenig künstlerisches Prestige verschaffen… Die Idee kommt an und am 16. Mai 1929 ist es soweit: Wieder trifft man sich zum Dinner, diesmal um die neuen Preise erstmals zu vergeben. Gefuttert und gefeiert wird im Blossom Room des Hollywood Roosevelt Hotels (in Los Angeles). Etwa 270 Mitglieder der Academy haben es sich 10 Dollar kosten lassen, an der Preisverleihung teilzunehmen. Schon drei Monate vor dem Bankett hatte eine Jury, bestehend aus fünf Preisrichtern, die endgültige Entscheidung über die ersten 15 Preisträger getroffen. So hatte denn auch Emil Jannings seinen Oscar als bester Darsteller bereits Tage vor dem Bankett erhalten. Jannings sehnte seine Rückkehr nach Deutschland so dringend herbei, dass er keine drei Tage mehr verstreichen lassen wollte, um die Preisverleihung noch mitzuerleben. Zudem warteten die Dreharbeiten zu "Der blaue Engel" auf den Darsteller, der dadurch zum ersten Oscarpreisträger aller Zeiten wurde. Die Verleihung selbst war ohnehin nicht sehr glanzvoll. Zwar zogen viele Reden das Bankett in die Länge, doch für die Übergabe der Preise brauchte die Academy genau fünfzehn Minuten. Janet Gaynor war die einzige Frau, die in diesem Jahr einen der 15 Oscars mit nach Hause nehmen durfte. Zum besten Film kürte man das Kriegsdrama "Wings. Bereits ganz zu Anfang wurden Special Awards vergeben: Warner Bros. erhielt eine Auszeichnung für die Produktion des ersten Tonfilms "The Jazz Singer", Charlie Chaplin wurde als Autor, Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller von "The Circus" geehrt.

Goldjunge: Wie der Oscar zu seinem Aussehen kommt

Nachdem sich die 36 Mitglieder der frisch gegründeten Academy of Motion Picture Arts and Sciences 1927 darauf geeinigt hatten, in Zukunft einen Filmpreis zu verleihen, blieb eine Frage offen: Wie soll der Preis aussehen?
Louis B. Mayer, Präsident der MGM-Studios, hatte die Idee mit der Preisverleihung aufgeworfen, nun war es an seinem Art Director Cedric Gibbons, sich um das Aussehen der Auszeichnung zu kümmern. Gibbons wandte sich an mehrere Künstler in Los Angeles und ließ sie verschiedene Entwürfe zeichnen. Die Wahl fiel schließlich auf den altbekannten Goldjungen: Ein Ritter, der ein Schwert haltend auf einer fünfspeichigen Filmrolle steht. Die Speichen sollten die damals noch fünf Abteilungen der Academy symbolisieren: Schauspieler, Regisseure, Produzenten, Techniker und Autoren. 1928 wurde die Statuette von dem Bildhauer George Stanley von Hand in Bronze gegossen und mit 24-karätigem Gold überzogen. In dieser Form wurde der Oscar ein Jahr später erstmals verliehen. Das Design hat sich seither nur einmal geändert: 1945 wurde Oscars Podest erhöht. Die Herstellung hingegen änderte sich bereits 1930. Seither wird die Statuette zunächst in Britanniametall, eine Kupfer-Zinn-Legierung, gegossen und schließlich mit 24karätigem Gold überzogen. Jede Schicht wird auf Hochglanz poliert, bevor die nächste aufgetragen wird. So bringt es der Oscar bei einer Größe von nur 35cm auf gute 4kg Gewicht und bietet damit für einen Wert von etwa 312 Dollar vielerlei Verwendungsmöglichkeiten, wie die Preisträger immer wieder unter Beweis stellen. Als Türstopper eignet er sich angeblich ebenso gut wie als Bücherständer, Briefbeschwerer oder Toilettenverzierung. Seit 1949 tragen die Goldjungen eine Seriennummer an den Füßen, die erste wurde dabei mehr oder minder zufällig vergeben¬ es ist die 501. Überschüssige Oscars werden bis zum nächsten Jahr im Tresor der Academy eingemottet. Um die Herstellung der Preise kümmert sich seit 1982 die in Chicago ansässige Firma R.S. Owens and Company. Der Besitz eines Oscars ist an strenge Regeln gebunden: Seit 1950 müssen sich Preisträger verpflichten, dass sie und ihre Erben die Trophäe zunächst der Academy für einen Dollar anbieten, bevor sie sie anderweitig verkaufen.

Kreativ: Oscar mal anders

Ab und an zeigt sich die Academy auch kreativ und verleiht etwas ungewöhnlichere Oscars. So erhielt Edgar Bergen 1937 eine Holzstatuette mit beweglichen Unterkiefer, und Walt Disney wurde 1938 ein Oscar mit sieben Miniaturstatuetten für "Schneewittchen und die sieben Zwerge" überreicht. Während des Zweiten Weltkriegs wurden wegen Rohstoffmangel Gipsstatuetten verliehen, die nach dem Krieg gegen die originalen Metallstatuetten getauscht wurden. Jugendliche Darsteller wurden zeitweise mit einem "Jugend-Ehren-Oscar" beglückt: Sie erhielten eine Miniaturstatuette, die jedoch schließlich abgeschafft wurde.

Oscar oder Academy Award?

Offiziell heißt die Statue "The Academy Award of Merit". Der Name Oscar tauchte erst Mitte der dreißiger Jahre auf. Da die offizielle Bezeichnung "The Academy Award of Merit" durchaus nicht so einfach über die Zunge geht wurde der Name Oscar schnell in den Sprachgebrauch übernommen. Wer diesen deutlich drolligeren Namen erfunden hat ist nicht klar, doch ein Gerücht hält sich hartnäckig: Die Bibliotheksleiterin der Academy soll bei Ansicht der Figur den Ausruf "Der sieht ja aus wie mein Onkel Oscar!" getan haben. Auch wurde behauptet, Bette Davis habe ihn nach ihrem ersten Gatten, Harmon Oscar Nelson, benannt. Wie auch immer: Bewiesen ist, dass der Kolumnist Sidney Skolsky 1934 in einem Artikel dem ersten Academy Award von Katharine Hepburn den Namen Oscar verpasste. Die Academy selbst nutzt den Spitznamen offiziell erst seit 1939.

Oscar und die Medien

Jedes Jahr beschwört die Oscarverleihung weltweit ein enormes Medienecho. Tatsächlich war die erste Verleihung die einzige in der Geschichte der Academy Awards, die nicht mit einer Life-Übertragung aufwarten konnte. Dafür allerdings lag den Zeitungen damals bereits vor der Verleihung eine Liste der Gewinner zur Veröffentlichung in der 23 Uhr-Ausgabe vor. Dies änderte sich erst, als im Jahr 1940 eine Lokalzeitung in Los Angeles die Gewinner des Academy Awards schon um 20.46 Uhr bekannt gab. Ein Jahr später wurde das System der versiegelten Umschläge eingeführt, so wie es auch heute noch Brauch ist. Auch die liebgewonnene Angewohnheit, die Auszeichnungen während eines Banketts zu verleihen, erwies sich in den 40er Jahren als nicht mehr praktikabel - ¬gestiegene Besucherzahlen zwangen die Academy dazu, die Verleihung in Theatern durchzuführen. Das Interesse an der zweiten Preisverleihung war bereits so hoch, dass der lokale Radiosender KNX in Los Angeles eine Stunde live von dem Bankett berichtete. Seither stieg nicht nur das Interesse der Filmschaffenden, sondern auch das der Medien. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Verleihung für die amerikanischen Soldaten sogar in Europa gesendet. Im Jahr 1953 kam schließlich die erste Fernsehübertragung, mit Bob Hope als Moderator. Heute wird die Oscarverleihung in über 70 Länder übertragen.

Oscar und seine Brüder: Kategorien und Sonderpreise

Die Zahl der Kategorien, in der Preise vergeben werden, stieg mit der Entwicklung der Filmtechnik und der Bedeutung der Academy Awards. Nachdem im ersten Jahr 15 Oscars vergeben worden waren, wurden die Kategorien für die zweite Verleihung zunächst kräftig reduziert, auf nur noch sieben: Zwei Darstellerpreise und jeweils einen für den besten Film, Regisseur, Autor, Kameramann und Art Director. Zu diesen ersten Preiskategorien kamen nach und nach die heute bekannten Kategorien und Special-Awards. So wurden 1934 die Kategorien Filmschnitt, Musik und Song eingeführt, 1936 wurden erstmals die Oscars für die besten Nebendarsteller vergeben, und ein Jahr später folgte der Irving G. Thalberg Memorial Award für durchgehend hohe Produktionsqualität. Erster Preisträger dieses Special Awards war Darryl F. Zanuck. 1939 kam der Special Effects-Oscar, 1941 die Auszeichnung für Dokumentarfilme, 1947 schließlich der Oscar für fremdsprachige Filme, und wiederum ein Jahr später wurde die Kategorie Kostüm eingeführt. Das Jahr 1963 brachte die Aufteilung der Special Effects-Kategorie in die Sparten Ton, Effekte und Visuelle Effekte. Oscars für Maskenbildner wurden 1981 eingeführt. Neben dem Thalberg Award und den Ehren-Oscars für außergewöhnliche Leistungen oder das Lebenswerk werden inzwischen noch der Jean Hersholt Humanitarian Award (seit 1956) und der Gordon E. Sawyer Award für technische Beiträge (seit 1981) vergeben. Seit 2010 konkurrieren erstmals nach 1942 wieder zehn Kandidaten in der Kategorie bester Film – die Academy hofft, damit Blockbuster besser berücksichtigen zu können.

Oscar wird weggespült: Verschobene Oscarverleihungen

Es ist kaum zu glauben, doch in der gesamten Oscar-Geschichte musste die Verleihung nur drei Mal verschoben werden. 1938 stand die Verleihung erstmals unter keinem guten Stern, beziehungsweise stand sieunter überhaupt keinem Stern, da der Himmel verflucht bewölkt und das Wetter miserabel war. Ausnahmsweise wurde in diesem Jahr Kalifornien nicht von einer Feuersbrunst heimgesucht,¬ dafür aber zog am 2. März ein Sturm auf und ließ es vier Tage ununterbrochen regnen. Los Angeles wurde von einer zerstörerischen Flut überrollt, die 50 Menschenleben kostete. Natürlich dachte angesichts der Flut niemand daran, einen Filmpreis - und sei es der bekannteste der Welt - zu vergeben. Dennoch wurde die Verleihung um nur eine Woche verschoben. Während des gesamten Zweiten Weltkriegs fand die Oscarverleihung planmäßig statt - sieht man davon ab, dass aus Mangel an Rohstoffen Gips-Oscars vergeben wurden. Dafür jedoch verschob die Academy 1968 die Verleihungszeremonie, aus Respekt vor dem nur wenige Tage zuvor ermordeten Dr. Martin Luther King. Ursprünglich sollte die Verleihung am 8. April stattfinden, doch genau an jenem Tag wurde King beerdigt. Verständlicherweise verschob die Academy die Verleihung daher kurzfristig um zwei Tage. Ein weiterer Mordanschlag führte zu der dritten und bisher letzten Verschiebung: Nachdem der damalige US-Präsident Ronald Reagan nur knapp einem Mordversuch entronnen war, beschloss die Academy, die Zeremonie 24 Stunden später als geplant beginnen zu lassen.

Die Wahlen

Jedes Jahr haben die wahlberechtigten Mitglieder der Academy of Motion Pictures Arts and Sciences – über 5.800 – die Qual der Wahl, denn sie müssen über Nominierungen und Oscar-Preisträger entscheiden. Für die meisten der bis zu 24 Kategorien, in denen Oscars vergeben werden, müssen die Academy-Mitglieder bis zu fünf Nominierungen aussprechen. Dabei werden in den meisten Kategorien die Nominierungen nur von dem Zweig der Academy ausgesprochen, der direkt betroffen ist - Regisseure wählen die Nominierungen in der Kategorie Regie, Kameramänner wählen Kameramänner etc. Dieses Verfahren soll die Qualität der Preise sichern: Es können nur diejenigen ihre Stimme abgeben, die sich auch tatsächlich eine qualifizierte Meinung bilden können. Für die Nominierungen in den Kategorien Dokumentarfilm und bester fremdsprachiger Film zeichnen Academy-Mitglieder aus allen Zweigen verantwortlich.
Nominierungen in der Kategorie bester Film, sowie alle finalen Preisträger werden von allen stimmberechtigten Academy-Mitgliedern gewählt. Seit 2010 erfolgt die Abstimmung über den besten Film wieder nach einem Ranking-Prinzip, wie in den 30er Jahren: Die Wahlberechtigten müssen ihre zehn Favoriten in einer Rangfolge gliedern. Die Wahlen sind natürlich prinzipiell geheim, und die Academy setzt alles daran, sowohl eine Beeinflussung der Wahlberechtigten, als auch eine verfrühte Veröffentlichung der Ergebnisse zu verhindern. Kein Wunder, brachte doch bereits das Jahr 1934 erstmals einen Beeinflussungsversuch: Mit einer Briefkampagne sollte Bette Davis damals auf die Nominierungsliste gehievt werden. Seither sind derartige Briefkampagnen nach den Regeln der Academy explizit verboten. Ebenso verboten sind inzwischen Versuche der Studios und Produktionsfirmen, sich die Stimmen der Academy-Mitglieder mit teuren Geschenken zu erkaufen. Nun sind nur noch solche Anschreiben und Geschenke erlaubt, die direkt zur Entscheidungsfindung beitragen. Soll heißen: Die Studios dürfen sich darum kümmern, dass alle Academy-Mitglieder ihre Filme gesehen haben. Nicht mehr und nicht weniger. Freier Kinoeintritt, Special Screenings für Academy-Mitglieder und kostenlose Videokopien zählen zu den erlaubten Maßnahmen. PricewaterhouseCoopers kümmert sich seit 1943 darum, dass bis zur Verleihung nichts durchsickert. Die Firma ist für Versendung und Auszählung der Wahlbögen verantwortlich. Nach dem Erhalt der Nominierungslisten haben Academy-Mitglieder drei Wochen Zeit, sich zu entscheiden und ihre Listen zurückzuschicken. Nach der Auszählung gibt es auf der gesamten Welt genau zwei Leute, welche die Oscarpreisträger bereits kennen: Zwei Angestellte von PricewaterhouseCoopers sind dafür verantwortlich, die richtigen Namenskärtchen in die Umschläge zu packen und diese zu versiegeln. Erst auf der Bühne der Oscar-Gala werden diese versiegelten Umschläge wieder geöffnet.


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