
Kritik: Piñero (2001)
Glücklicherweise verkneift sich Leon Ichaso
alle Sentimentalität und hetzt stattdessen in
hektischen Schnitten - vorwärts und rückwärts,
schwarz-weiß und grell-bunt - dem gierigen
Leben von "Mikey" Piñero nach.
Naja; ein relativ gut aussehender, mäßig
witziger Junkie, ein charmanter Dieb - mag
man am Anfang noch denken, bis man die
Performances sieht (und vor allem hört). Im
Sing Sing schrieb Piñero sein erstes Stück:
"Short Eyes", über das Knastleben. Damit
wurde er zur Ikone aller jungen "Nuyoricans"
(als solcher definierte er sich selbst), denen
er ausserdem ein Café als Treffpunkt
schenkte. Sein intensives Leben wurde
schließlich aber immer schneller: Heroin und
Kokain, die schicke Wohnung und der
dreckige Van auf der Lower East Side, frühe
Fans und spätere Rivalen...
Auf seiner
Beerdigung gab es – wie er es sich wünschte
– Wein und Poesie, seine Asche wurde auf
der Lower East Side verstreut.
Benjamin Bratt ("Miss Undercover") kann man von jetzt an ernstnehmen. Stoned und klebrig statt gefönt und gebügelt läßt er alle Eitelkeit hinter sich und vollbringt es, einen charismatischen Künstler authentisch darzustellen.
Sira Brand