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Scream - Wes Craven
Scream - Wes Craven
© Universums

Wes Craven ist tot

"Scream"-Filmemacher wurde 76 Jahre alt

Wes Craven, der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent von Horrorfilmen wie "A Nightmare on Elm Street" und "Scream" ist gestern im Alter von 76 Jahren an einem Hirntumor in seinem Haus in Los Angeles gestorben, wie seine Familie bekannt gegeben hat.

Der am 2. August 1939 in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio geborene Filmemacher ist besonders mit "A Nightmare on Elm Street" von 1984 und "Scream" von 1996 erfolgreich in den Kinos gewesen und hat das Horror-Genre entscheidend mitgeprägt. Seine Filme zeichnen sich durch eine Mischung aus Horror und Humor aus und hoben das Horrorfach durch den ironischen Selbstbezug der "Scream"-Reihe auf eine neue Ebene. 2011 verabschiedete sich Craven mit "Scream 4", der in den USA floppte, von den Kinozuschauern. Laut seiner Familie war Wes "bis zum Schluss beschäftigt und hat gearbeitet", so als Mentor für aufstrebende junge Regisseure.

Craven besuchte das Wheaton College in Illinois und erhielt dort einen Abschluss in Englisch und Psychologie. An der John Hopkins University in Maryland im US-Bundesstaat Baltimore machte er den Master in Philosophie und Schreiben. Er arbeitete kurz als Englischprofessor und Professor für Geisteswissenschaft, bevor er bei einer Firma in New York City einen ersten Job als Ton-Cutter erhielt. Schon an der Universität war er mit dem Filmemachen in Berührung gekommen, als eine Gruppe Studenten mit ihm als Berater einen Film drehten.

Wes war fasziniert und trotz seiner festen Anstellung, einer Frau und zwei Kindern wagte er mit Ende 20 einen radikalen Neustart, beendete die Akademikerlaufbahn und ging ins Filmgeschäft. Als erstes inszenierte er unter Pseudonym Pornofilme. 1972 drehte er dann seinen ersten Spielfilm "The Last House on the Left", einen Horrorfilm über eine Gruppe psychotischer Häftlinge, die zwei Mädchen entführen, foltern und vergewaltigen - und die grausame Rache der Eltern eines der beiden Mädchen an den Tätern. Viele Kritiker waren wegen der sadistischen und ausschlachtenden Darstellungen erzürnt. Die Filmemacher waren sich dessen voll bewusst. Der Slogan für "The Last House on the Left", der 2009 wiederverfilmt wurde, lautete: "Um nicht in Ohnmacht zu fallen, wiederholen Sie die Worte: Es ist nur ein Film...es ist nur ein Film...es ist nur ein Film."

Fünf Jahre dauerte es, bis Craven 1977 seinen nächsten Film "The Hills Have Eyes" ("Hügel der blutigen Stiefel") drehen konnte. Hier bleibt eine Familie auf dem Weg in den Urlaub in der Nevada-Wüste mit den Auto liegen und muss sich den Angriffen gewalttätiger Wilder erwehren. Auch hier zeigte der Regisseur einen wahrgewordenen Alptraum.

Es folgte 1981 "Deadly Blessing" ("Dem Tode geweiht"), die erste Produktion innerhalb des Hollywood-Studio-Systems und mit einem namhaften Schauspieler, Ernest Borgnine (und einer jungen Sharon Stone). MGM verliehen den Horrorfilm und landeten einen Achtungserfolg, so dass der damals 42-Jährige im Geschäft blieb. Ein Jahr später erschien "Swamp Thing" ("Das Ding aus dem Sumpf"), eine Quasi-Neuverfilmung von "Creature from the Black Lagoon", die Wes' Mix aus Horror, schwarzem Humor und einer "Das kann man hier alles unmöglich ernst nehmen"-Atmosphäre erstmals voll entfalten ließ.

Es folge eine sehr geschäftige Zeit: 1984 kamen gleich drei Wes Craven-Werke in die Kinos. Nach den zwei weiteren erfolglosen und schlechten Werken "Inivitation to Hell" ("Exit - Ausgang ins Nichts") und der Fortsetzung / dem Remake zu "The Hills Have Eyes 2" ("Im Todestal der Wölfe") gelang dem Regisseur mit "Nightmare on Elm Street" der Durchbruch. Der Horrorfilm um den in Alpträumen auftauchenden Freddy Krueger, der nur allzu real mordet, begründete eine bis heute andauernde Saga um die ikonische Figur des damals von Robert Englund dargestellten Fratzengesichtes mit den Klauenhänden - derzeit brütet Hollywood über einer erneuten Wiederverfilmung.

Craven verabschiedete sich hier von der knallharten Gewalttätigkeit seiner ersten Filme und gab der Gewalt und dem Schrecken einen ironischen Beigeschmack, spielte mit surrealen Bildern, was durch die zwischen Alptraum und Realität angelegte Geschichte erleichtert wurde. Erstmals waren die Kritiker begeistert, und der günstig produzierte Film - das Budget lag bei knapp 2 Millionen Dollar - spielte alleine in den USA 25 Millionen Dollar ein und wurde ein Hit auf Video. Sofort orderten New Line Cinema Fortsetzungen - schon im Jahr darauf erschien "A Nightmare on Elm Street 2: Freddy's Revenge" und dann bis 1991 die Teile drei bis sechs - aber Craven entschied sich dafür, etwas Anderes zu machen.

Er drehte ohne größere Resonanz den Horrorfilm "Deadly Friend" ("Der tödliche Freund") von 1986 über ein junges, missbrauchtes Mädchen, dem ein Roboterchip eingesetzt wird, das sie zu einem rächenden Monster macht. 1988 folgte der mäßige Erfolg "The Serpent and the Rainbow" ("Die Schlange im Regenbogen"), ein Horrorfilm, in dem Bill Pullman als Anthropologe nach Hawaii reist, um nach einer Droge zu suchen, die Menschen angeblich in Zombies verwandelt. 1989 kehrt Michael Murphy in "Shocker" als auf dem elektrischen Stuhl exekutierter Serienmörder aus mit Hilfe von Elektrizität dem Jenseits zurück, um sich an dem Football-Spieler zu rächen, der ihn bei der Polizei verpfiffen hatte. In dem Horrorfilm "The People Under the Stairs" ("Das Haus der Vergessenen)", 1991 ein kleiner Erfolg für Wes und Universal Pictures, mixte er das "The Hills Have Eyes"-Konzept auf kleinerer Basis und mit geringem Budget mit einer Spukhaus-Geschichte.

Doch der große Erfolg ließ weiter auf sich warten, und so kehrte Wes Craven zu seiner größten Kreation zurück und erklärte sich 1994 dann doch bereit, wieder einen neuen "Nightmare on Elm Street" zu drehen, aber zu seinen Bedingungen: Und so entstand "Wes Craven's New Nightmare" ("Freddy's New Nightmare"), ein extrem postmoderner Horrorfilm, in dem die Darsteller des ersten Teils, Heather Langenkamp und Robert Englund, sich selbst spielen, und Freddy Krueger sein Unwesen nun in den Filmstudios in Hollywood treibt. Die Kritiker begeisterte diese selbstironische Herangehensweise, aber nicht die Zuschauer - dieser "Nightmare"-Part floppte mit dem geringsten Einspiel der Reihe, und damit war das Thema Freddy Krueger für Craven endgültig durch. Er musste sich den Erfolg anderswo suchen.

Die schwache Eddie Murphy-Komödie "Vampire in Brooklyn" sollte es 1995 nicht werden, aber mit dem ein Jahr später veröffentlichten "Scream" gelang Wes der größte Erfolg seiner Karriere: Der 14 Millionen Dollar teure Horrorfilm setzte weltweit 173 Millionen Dollar um. Hier spielten der Künstler und Drehbuchautor Kevin Williamson wieder extrem selbstironisch mit der Meta-Ebene: Albern, subversiv, spannend und lustig, macht die Dimenson Films-Produktion all die Horrorfilmklischees zum Thema, die sie dann selbst anwendet und variiert. Mit "Ghostface" gelang es Craven, eine Figur zu etablieren, die eine ebensolche ikonische Berühmtheit erlangte wie Freddy Kruger. Und dazu beschäftigte er viele junge Darsteller, die sich hier ihren Namen machten: Neve Campbell, Matthew Lillard, Liev Schreiber und Skeet Ulrich, dazu noch Courtney Cox und David Arquette.

Und diesmal blieb der Filmemacher an der Kuh, die ihm so viel Milch gebracht hatte, und melkte sie mit den ebenfalls erfolgreichen "Scream 2" von 1997 und "Scream 3" von 2000, auch wenn das Publikumsinteresse nicht gesteigert werden konnte.

Ein Nebeneffekt des "Scream"-Erfolgs: Wes erfüllte sich den Wunsch eines Streifens abseits des Horror-Fachs. Die Dimension Films-Produzenten Bob und Harvey Weinstein finanzierten ihm 1999 das Drama "Music of the Heart", in dem Meryl Streep eine Musiklehrerin spielt, die versucht, Kindern in Harlem die Violine beizubringen. Der Film floppte an den Kinokassen, er erhielt aber zwei "Oscar"-Nominierungen: Für Streep als "Beste Hauptdarstellerin" und für das Lied "Music of the Heart" von Diane Warren.

Nach all den rastlosen erfolglosen und erfolgreichen zwei Jahrzehnten nahm Wes eine Auszeit nach "Scream 3". Erst fünf Jahre später kehrte er mit der schwachen Werwolf-Geschichte "Cursed" ("Verflucht") mit Christina Ricci auf die Leinwände zurück, den niemand sehen wollte. Besser fuhr er mit dem Thriller "Red Eye" mit Rachel McAdams, der ein moderater Erfolg beim Publikum war und von den Rezensenten gelobt wurde.

Nach weiteren fünf Jahren Pause kam "My Soul to Take", ein Horrorfilm, der sich wieder um einen Serienmörder drehte. Der Film ohne Stars war einer von Craven's schlimmsten Flops, von den Kritikern verrissen und vom Publikum ignoriert. Mit "Scream 4" verabschiedete sich der Filmemacher dann 2011 erfolgreicher vom Publikum, auch wenn der Flop des Streifens signalisierte, dass auch die "Scream"-Zeit vorüber war.

In den nuller Jahren hatte Craven als Produzent daran mitgewirkt, dass seine Filme "The Last House on the Left", "The Hills Have Eyes" und "The Hills Have Eyes 2" als Remakes einem jungen Publikum als Hochglanzprodukte mit namhaften Schauspielern wie Kathleen Quinlan, Monica Potter, Garrett Dillahunt und Tony Goldwyn bekannt gemacht wurden. Große Erfolge an den Kinokassen oder bei den Kritikern wurden sie indes nicht.

Wes Craven kann für sich in Anspruch nehmen, zwei der bekanntesten Figuren der Filmgeschichte ersonnnen und mit seinen Filmen das Horrorgenre geprägt und belebt zu haben: Sei es mit einem klassischen, intelligenten Slasher wie "Nightmare on Elm Street" oder dem postmodernen "Scream", die Hollywood über Jahrzehnte gute Geschäfte einbrachten. Mit den von den Kritikern geschätzten Filmen "Music of the Heart" und "Red Eye" bewies er, dass er auch abseits des Horrors gute Werke inszenieren konnte.

Wes, der auch ein begeisterter Vogelbeobachter gewesen ist, war von 1964 bis 1969 mit Bonnie Broecker verheiratet. Aus dieser Ehe stammen die beiden Kinder Jonathan (1965) und Jessica (1968). Von 1984 bis 1987 war er mit Mimi Meyer verheiratet. 2004 heiratete er Iya Labunka, die auch als Produzentin an seinen Filmen mitarbeitete und welche er jetzt hinterlässt.


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