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FBW-Bewertung: Die letzte Fahrt der Demeter (2023)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: DIE LETZTE FAHRT DER DEMETER ist ein Horrorfilm, der eine Episode aus dem ?Dracula?-Narrativ aufgreift. Es geht um die Überfahrt Draculas von Transsilvanien nach London, wo er ein Haus erstanden hat und sein Unwesen treiben wird. Als das Schiff in England landet, wird nur der Kapitän tot an das Steuer gebunden gefunden, der Rest der Besatzung ist verschwunden. Was auf der Demeter passiert ist, erfährt man aus dem Logbuch dieses Kapitäns.

Diese Vorlage, die noch viel Spielraum für Geschichten lässt, macht sich die Verfilmung in der Regie von André Øvredal zunutze. Das Horrorfilm-Schema kristallisiert sich dabei schnell heraus. Es geht darum, wie die gesamte Besatzung Dracula zum Opfer fällt und wem es möglicherweise gelingt, zu fliehen. Hierzu charakterisiert das Drehbuch eine Figur als Mann mit dunkler Hautfarbe, sein Name ist Clemens, der als Außenseiter auf dem Schiff anheuert. Es gibt zudem eine weitere weibliche Figur mit dem Namen Anna, die sich in einer der Kisten befindet, die im Auftrag Draculas ? der ebenfalls in einer solchen schläft ? nach London transportiert werden. Clemens, der über medizinische Kenntnisse verfügt, kann der von Dracula zu seiner Nahrungsaufnahme erwählten Frau mittels Bluttransfusion zunächst helfen, so dass dieses Gespann im weiteren Verlauf das Figurenzentrum bildet.

Die beiden Hauptfiguren schaffen eine ? vielleicht nach Ansicht der Jury etwas erzwungen wirkende ? Diversität, die im Seefahrerfilm ? ein Genre, auf das der Film auch zurückgreift ? kaum vorzufinden ist. Auch der Cast der restlichen Besatzung überzeugt und trägt zur Glaubwürdigkeit des historischen Settings bei. Dracula als Kreatur in Anlehnung an Murnaus NOSFERATU ? EINE SINFONIE DES GRAUENS anzulegen, passt zu dem actionbetonten Horror-Modus. Die Handlung wirkt für die Jury zwar recht vorhersehbar, doch geht es bei einem Film, der eine derart berühmte Vorlage nutzt, auch um andere Qualitäten. Die Ausstattung ist detailreich und trägt zur gruseligen Atmosphäre wesentlich bei. Die Kameraarbeit zieht alle Register des Horrorfilms und sorgt im Zusammenwirken mit der effektvollen Montage für gelungene Schockeffekte. Die Brutalität ist dem Geschehen und dem Genre angemessen und wirkt nicht übertrieben.

Dennoch konnte der Film die Jury nicht restlos überzeugen. Die Schockeffekte werden in zu großer Zahl eingesetzt und einige Spannungsmomente werden doch ein wenig in die Länge gezogen. Dass der Besatzung recht spät klar wird, woher die Bedrohung an Bord kommt, verwundert, sind sie doch vor ihrer Abfahrt gleich mehrfach vor der Ladung gewarnt worden. Am fehlenden Aberglauben kann es kaum liegen, glauben (fiktionale) Seefahrer ja alles Mögliche, so etwa auch, dass Frauen an Bord Unglück bringen. Ebenfalls kritisch angemerkt durch die Jury wurde die Diskrepanz zwischen dem Plot/Setting und dem enormen Produktions-Aufwand, der betrieben wurde, wodurch der Film in seiner Perfektion fast schon ein wenig steril geriet. Im Anschluss an eine spannende Diskussion, in Abwägung aller Argumente und in Anerkennung der klaren filmischen Qualitäten verleiht die FBW-Jury dem Film gerne das Prädikat WERTVOLL.



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