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FBW-Bewertung: Brooklyn - Eine Liebe zwischen zwei Welten (2015)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Von den großen Auswanderungswellen von der irischen Insel nach Amerika sind vor allem jene im späten 19. Jahrhundert bekannt, die auf Missernten zurückzuführen sind. John Crowleys Brooklyn erzählt von einer wesentlich späteren Migration und schildert anhand eines Einzelschicksals die Zerrissenheit zwischen alter und neuer Welt, die eine junge Frau vor eine schwierige Entscheidung stellt.

Dank der Vermittlung eines Pfarrers kann die junge Ellis Lacey einen Job und eine Unterkunft in Brooklyn, New York ergattern. Weil sich solch eine Chance nur einmal im Leben eines armen irischen Mädchens von Lande bietet, greift sie zu und lässt schweren Herzens ihre Mutter und ihre Schwester zurück. Nach anfänglichen Schwierigkeiten schafft es Ellis durch ihre Wesensart und ihren Fleiß, sich ein kleines Glück zu schaffen. Als sie gerade einen jungen Mann kennengelernt hat, mit dem sich die Zukunft gut und richtig anfühlt, ruft eine schockierende Nachricht sie zurück nach Irland. Und dort stellt sich ihr die Frage, welches Leben denn nun richtig ist - das neue, das sie sich selbst geschaffen hat oder das alte, in dem sie immer noch verwurzelt ist?

In manchen Momenten fühlt sich dieses Melodram im Stil und Ton eines Douglas Sirk fast schon wie ein Märchen an: Ein unschuldiges Mädchen vom Lande, das in die Fremde zieht und dort das Glück findet, weil sie rein und tugendhaft ist - das klingt wahrlich wie der Stoff, aus dem die Geschichten der Brüder Grimm gemacht sind. Auch die Darstellung Amerikas ist insgesamt recht bruchlos und beinahe schon ein wenig naiv gestaltet - als Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem jedem und jeder der Aufstieg offen steht, solange er sich nur intensiv genug darum bemüht. Dabei sind gerade die 1950er Jahre, in denen sich die USA in einem heißen und einem kalten Krieg befanden und zudem die Bürgerrechtsbewegung für den gesellschaftlichen Wandel kämpfte, keine ruhige Zeit. Von alldem ist aber in John Crowleys idealisierter Welt nichts zu spüren. Er konzentriert sich vor allem auf seine hinreißende Protagonistin, die trotz der Epoche, in der sie lebt und ihrer einfachen Herkunft, einen geradezu mustergültigen Emanzipationsprozess durchläuft. Dies und die glaubhaften Leiden der jungen Frau, die den Schmerz der Ausgewanderten über den Verlust der Heimat spürbar machen (gerade in Zeiten wie der gegenwärtigen ist eine wichtige Botschaft des Films) sowie die gelungene Inszenierung machen BROOKLYN zu einem sehenswerten Film.



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