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FBW-Bewertung: Im Herzen der See (2014)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Herman Melvilles?Moby Dick? zählt ohne Zweifel zu den Klassikern der Abenteuerliteratur und auch John Hustons Verfilmung des Romans aus dem Jahre 1956 mit Gregory Peck in der Hauptrolle als besessener Kapitän Ahab ist eine feste Größe im Hollywood-Kino der 1950er Jahre. Ron Howards Film IM HERZEN DER SEE versucht gar nicht erst, gegen diese beiden etablierten Werke der Literatur und des Kinos anzutreten, sondern nimmt einen anderen, aber nicht minder spannenden Weg, an dessen Ende ein maritimes Abenteuer steht, das sich nicht allein aufgrund der beachtlichen 3D-Aufnahmen sehen lassen kann.

In der Rahmenhandlung sucht der Schriftsteller Herman Melvillle (Ben Whishaw) den Seemann Thomas Nickerson (in seinen späteren Jahren dargestellt von Brendan Gleeson) auf, den einzigen noch Überlebenden des Walfangschiffs Essex, das 1820 von einem Pottwal gerammt wurde und unterging. Der bis dato mäßig erfolgreiche Schriftsteller spürt, dass sich hinter Nickersons Schweigen und seiner Trunksucht eine Geschichteverbirgt, die als Inspiration für ein Buch dienen könnte, das endlich den ersehnten Erfolg bringt. Und tatsächlich offenbart der Seemann im Laufe einer Nacht die wahren Geschichte des Untergangs der Essex und vor allem die Ereignisse, die den Schiffbrüchigen anschließend widerfuhren und die Nickerson verstummen ließen.

Auch wenn Rom Howards Film es mit der Historie nicht so genau nimmt (Herman Melville traf niemals einen der Bordbesatzung selbst, sondern lediglich den Sohn des ersten Maats Owen Chase), so ist der Film doch eine gelungene Mixtur aus klassischem Abenteuer-Kino, wie man es heute nur noch selten in den Kinos findet und zugleich ein Film darüber, welche Wege die Inspiration zwischen einzelnen Medien nehmen kann. Der Transfer von ?oral history? zu Literatur zu Film ist überaus sinnlich und bewegend als eine Art nächtliches Beichtgespräch inszeniert, bei dem das Duell zweier unterschiedlicher Charaktere mit viel inszenatorischemGeschick und exzellenten Darstellern im Kleinen einen anderen Konkurrenzkampf in der eigentlichen Geschichte vorweg nimmt. Es ist der Konflikt zwischen dem schmählich von seinen Auftraggebern übergangenen Obermaat Owen Chase, dem eigentlich längst ein Kapitänspatent zustehen würde, und dem Kapitän George Pollard, der nur aufgrund seines Verwandtschaftsverhältnisses, nicht aber wegen seiner Fähigkeiten den Posten bei der letzten Fahrt der Essex erhielt.

Insgesamt ist Ron Howard mit IM HERZEN DER SEE einüberaus sehenswerter und stimmiger Film gelungen, der eine hochspannende Geschichte mit psychologischem Geschick, sehenswerten 3D-Aufnahmen und exzellenten Darstellern kombiniert - eine Mischung, die im heutigen Kino angenehm aus dem Einerlei der Superhelden und Sequels hervorsticht und die tatsächlich an die goldenen Zeiten Hollywoods erinnert. Bitte mehr davon!



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