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FBW-Bewertung: The Green Prince (2013)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Das Dokumentarfilme im Kino heutzutage nicht mehr funktionieren und bestenfallsübers Fernsehen zu vermitteln sind, stimmt so nicht. Die deutsch-israelisch-britische Co-Produktion THE GREEN PRINCE gehört zu einer neuen Generation von Dokumentarfilmen, die mit Spielfilmelementen dem veränderten Rezeptionsverhalten der Zuschauer Rechnung tragen.
Der Palästinenser Mosab Hassan Yousef wächst in Ramallah auf. Als er mit 17 Jahren Waffen schmuggelt ist er fest entschlossen gegen Israel zu kämpfen. Doch Mosab wird entdeckt und festgenommen. Keine ungewöhnliche Biografie im Westjordanland. Mosab jedoch ist der Sohn eines Hamas-Mitbegründers. Das macht ihn Interessantfür den israelischen Geheimdienst Shin Bet. Nach tagelangen Verhören und psychischer Folter wird ihm der Vorschlag unterbreitet als Spitzel für Israel zu arbeiten. Mosab will nur zum Schein auf das Angebot eingehen, aber seine Zukunft wird sich anders gestalten.
Das Mischen von Archivmaterialund Spielszenen ist immer eine delikate Sache. In der Jury wurde die Frage der Manipulation diskutiert. Regisseur Nadav Schirman nutzt die Möglichkeiten des Dokudramas um Spannung zu erzeugen. Das erschien der Jury legitim, zumal in den Spielszenen keine Schauspieler, sondern ausschließlich die realen Akteure zu sehen sind. Sie wertete dieses Vorgehen daher als ein berechtigtes, dramaturgisches Mittel zur Umsetzung der Originalbuchvorlage und kam zu dem Schluss, dass die aufkommende Frage nach Manipulation auf besondere Achtsamkeit bei der Sichtung verweist.
THE GREEN PRINCE bringt das unauflösbare Dilemma des Palästinakonflikts in die Kinos. Das Dokudrama ? und das wertete die Jury hoch ? gewährt glaubhafte Einsichten in die Architektur und Logik von Hamas und Shin Bet. Dem Buch Mosab Hassan Yousefs folgend, verweist der Film auf Strukturen, die Loyalität und Vertrauen nutzen und ausnutzen. Die Jury konnte Mosabs Weg sehr gut nachvollziehen, der als Mitgefangener unter Hamas-Gefangenen ein verändertes Bild von der Hamas erhält und, aus der Enttäuschung über die Organisation, sein Vertrauen dem Führungsoffizier Gonen Ben Yitzach schenkt. Genauso stark berichtet der Film aber auch von der rigiden Organisation eines Geheimdienstes, der sich in dem Maße moralisch diskreditiert, wie er persönliche Bindungen ablehnt.
THE GREEN PRINCE lässt an der psychischen Konstellation von Informant und Führungsoffizier, an deren Zweifeln und Zuversicht und letztlich auch an deren persönlichen Moralkodizes teilhaben. Kamera, Licht und Schnitt folgen dabei dem Vorbild von Agentenfilmen und vermitteln so einen genauso fesselnden, wie präzisen Eindruck der Standpunkte beider Seiten. Lediglich die wahrlich ununterbrochene Soundkulisse wurde von der Jury als übertrieben moniert. Hier hätte ein wenig Zurückhaltung mehr getan.
In THE GREEN PRINCE erkennt die Jury eine Arbeit, die, pars pro toto, zur Erklärung des Palästinakonflikts beiträgt, die aber auch zeigt, dass in einem so lange währenden Konflikt niemals letztgültige Wahrheiten zu erwarten sind.Soviel Erkenntnis fesselnd zu inszenieren ist das Prädikat besonders wertvoll durchaus Wert.



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