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FBW-Bewertung: Yves Saint Laurent (2014)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Yves Saint Laurent hat die Mode revolutioniert. Er hat mit?Le Smoking?, dem Hosenanzug für Frauen, Furore gemacht, auf gewagte Farbkombinationen gesetzt und ?Mondrians Quadrate für die Mode? entdeckt. All das weiß man. Was man nicht weiß ist, wer der geniale Kopf hinter diesen Einfällen war, wie er gelebt, geliebt und gelitten hat. YVES SAINTLAURENT zeigt es.

Schon mit 21 Jahren wird der schüchterne Yves Saint Laurent Art Director bei Christian Dior in Paris. Seine erste Haute-Kollektion wird ein durchschlagender Erfolg. Aber der schüchterne, blasse Jüngling ist kein Superheld der Modewelt. Während Saint Laurent auf dem Laufsteg gefeiert wird, scheint er an den Erwartungen dahinter zu zerbrechen. Er will zeichnen, entwerfen und nicht Presse und Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen. Und dann trifft er auf Piérre Bergé, der Mann, der sich fortan um Saint Laurent kümmern wird, beruflich, wie auch privat.

JalilLesperts Film könnte auch ?Yves und Piérre? heißen, denn das Biopic dreht sich in der Hauptsache um das Verhältnis der Beiden. Saint Laurent, das zerbrechlich-ätherische Genie und Bergé, der Praktiker, der weiß worauf es ankommt, wenn man es zu etwas bringen will.

Lespert kann auf phantastische Schauspieler setzen, die diese Botschaft auch wirklich übermitteln können. Gefilmt in, dem Sujet entsprechend, aufwändig-schönen Bildern, spiegelt der Film immer auch ein Stück des Zeitgeistes wieder, den das Label Saint Laurent fortan selber reflektiert hat.
Positiv vermerkt die Jury auch, dass YVES SAINT LAURENT einem Star-Kult nur in begrenztem Maße Vorschub leistet. Zwar wird die Pariser Künstler-Boh?me ausgiebig bebildert, Zizi Jeanmaire, Karl Lagerfeld und sogar Andy Warhol, große Namen in Mode und Kunst und allesamt Wegbegleiter des Modemachers, treten im Film nur als flüchtiges Beiwerk auf, werden bisweilen nicht einmal vorgestellt.

Allerdings hat die Jury auch Kritikpunkte anzubringen: Saint Laurent hat Skandale kreiert, der Film vermeidet sie zu erklären. Er hat weibliche Mode von gängigen Klischees befreit, der Film geht nicht darauf ein.Er hat populäre Strömungen in seiner Mode verarbeitet, der Film vermittelt allenfalls eine vage Idee davon, was den Couturier beflügelt hat. Und auch von der eigentlichen Arbeit des Modeschöpfers, von der sinnlichen Kunst, genauso wie von der strengen Hierarchie hinter den Kulissen des Modebetriebs erzählt der Film indes zu wenig. Das ist schade. Der Jury fehlte es am bildlichen Äquivalent zu verbalen Aussagen, zumal Saint Laurent sehr unter dieser Diskrepanz litt. Yves Saint Laurent war manisch-depressiv. Er lebte für die Kreativität, das Zeichnen, die Kunst und (zwei Mal im Jahr) die Kollektionen. Er wurde konfrontiert mit schwerer Arbeit, Verantwortung und enormen Druck auf seinen Schultern. All das wird nur expressis verbis vermittelt, hätte allerdings ein wenig visuelle Unterstützung nötig gehabt.

20 Jahre des Lebens eines hochkomplizierten und genauso schillernden, wie einflussreichen Menschen zu verfilmen ist wahrlich nicht einfach. YVES SAINT LAURENT setzt auf erstklassige Schauspieler, tolle Bilder und eine exklusive Ausstattung. Allerdings erscheint der Jury das Biopic letztlich dann doch etwas zu harmlos. Aus diesem Grund verleiht sie dem Film, nach ausgiebiger Diskussion, das Prädikat ?wertvoll?.



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