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FBW-Bewertung: Hin und Weg (2013)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Ein todkranker Mann, der zum Sterben ans Meer fährt ? das kennt man spätestens seit KNOCKING ON HEAVEN?S DOOR mit Til Schweiger. Christian Züberts Tragikomödie aber ist da aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Sie geht buchstäblich unter die Haut und wirkt lange nach.

Hannes (Florian David Fitz) und seine Frau Kiki (Julia Koschitz) gehen einmal im Jahr mit ihren Freunden auf eine Radtour. In diesem Jahr entscheiden sie sich für Belgien als Reiseziel. Doch gerade Belgien ist nun wirklich nicht gerade das Traumziel ? was soll es da schon geben außer Pralinen und Pommes? Was die Freunde aber nicht ahnen und was sich erst bei einem Zwischenstopp bei Hannes' Mutter (Hannelore Elsner) herausstellt: Für Hannes wird es die buchstäblich letzte Reise sein. Denn Hannes leidet an der unheilbaren Krankheit ALS, an der auch schon seit Vater verstarb. Und weil es ihm unerträglich ist, dieselbe Leidenszeit durchzumachen, hat er sich dazu entschlossen, in Belgien einen Arzt aufzusuchen, der ihm beim selbstbestimmten Sterben hilft. Natürlich sind die Freunde von Hannes entsetzt, als sie vom wahren Zweck der Reise erfahren und für einen kurzen Moment sieht es so aus, als würde sich die Reisegruppe auflösen. Dann aberbesinnen sie sich auf ihre Freundschaft und begleiten Hannes auf seinem letzten mühsamen Weg, der immer mehr auch zu einem Wettlauf gegen die Zeit und zu einer Auseinandersetzung mit dem Leben und dem Tod wird.

Zielsicher gelingt es Christian Zübert und seinem durchweg überzeugend aufspielenden Cast, fast alle Fallen des Kitsches zu umgehen. Dass diese schwierige Balance gelingt, liegt unter anderem daran, dass hier auf eine glatt geleckte Hochglanzoptik und übermäßig emotionalisierende Musik verzichtet wurde, trotz bekannter und großer Namen auf der Besetzungsliste (neben Fitzund Koschitz ragen vor allem Jürgen Vogel sowie Victoria Mayer und Johannes Allmayer heraus) glaubt man den Akteuren ihre Rollen und die ganzen kleineren wie größeren Probleme, die sie als Ballast mit auf die Tour bringen.

Zwar hegt man ein klein wenig den Verdacht, dass das Spiel der Reisegruppe, dem jeweils anderen einen Wunsch erfüllen zu müssen, vor allem dazu dienen könnte, heitere Elemente in die sich immer weiter ins Tragische wendende Geschichte einzustreuen, doch andererseits dürfte auch der Zuschauer angesichts des unausweichlichen Endes dankbar sein um jeden Moment der emotionalen Entlastung.

Richtig mutig wird der Film am Ende, wenn er ganz genau und lange hinschaut, was da in der Sterbeeinrichtung des belgischen Arztes vor sich geht. Das sieht man in dieser Konsequenz selten bis nie im deutschen Film.

Ein in der Summe überzeugendes und bewegendes Werk, dem die Jury das Prädikat ?besonders wertvoll? zusprach.



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