oder

FBW-Bewertung: Nocturnal Animals (2016)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Auch der zweite Film des Modedesigners und Regisseurs Tom Ford, sieben Jahre nach seinem viel beachteten Regiedebüt A SINGLE MAN, überzeugt durch seine kunstvolle Erzählung, opulente Bilder und eine atemberaubende Ausstattung. Basierend auf der Novelle ?Tony and Susan? von Austin Wright erzählt er die Geschichte der Kunstgaleristin Susan Morrow, die erfolgreich und privilegiert in L.A. lebt. Ihre Ehe ist abgekühlt, in ihrem Beruf hält sie sich selbst für zynisch. Als sie ein Paket mit dem Roman ihres Ex-Ehemanns Edward erhält, gerät sie in den Sog des grausamen Thrillers um einen Mann, dessen Frau und Tochter entführt und brutal ermordet wurden. Die Lektüre wirft sie auf ihre eigene Vergangenheit zurück und zwingt sie dazu, ihre Lebensentscheidungen in einem neuen Licht zu sehen.

Das ausgezeichnete Drehbuch, selbst verfasst von Regisseur Tom Ford, entfaltet sukzessive die drei Ebenen des Films und verzahnt sie brillant miteinander. Die Zeitebenen sind genau und kunstfertig eingesetzt. Man ist mittendrin, weiß aber nie, wie es weitergeht. Von besonderer Faszination ist die Bildgestaltung des Kameramanns Seamus McGarvey: Strenge Formen und klare Kamerafahrten zeigen die Kunstwelt und das luxuriöse Setting in L.A., verstörende Bilder verdichten die Neo-noir Erzählung in der Wüste von Texas, hinzukommen die Flashbacks der Beziehung von Susan und Edward.
Die präzise Psychologie der Geschichte wird von den Schauspielern kongenial umgesetzt. Amy Adams zeigt eine Susan, deren privilegierte Welt immer brüchiger wird. Sie war es, die sich von Edward getrennt und das gemeinsame Kind abgetrieben hatte. In der Mitte des Films fragt sie ihre Assistentin: ?HastDu jemals das Gefühl, dass dein Leben in eine Richtung läuft, die Du nie beabsichtigt hattest??. Jake Gyllenhaal spielt sowohl den sanften, wenig ehrgeizigen Ex-Mann Edward als auch den verzweifelten Tony Hastings des Romans, der Rache für den Mord an Frau und Tochter nimmt. Aaron Taylor-Johnson als sadistischer Psychopath lässt schon bei seinem ersten Auftritt die physische Bedrohung und die herannahende Katastrophe spüren.

Dem kunstvoll verwobenen Film gelingt es von Anfang bis Ende den Spannungsbogen zu halten. Erst wenn alle Ebenen durchlebt worden sind und die Geschichte wieder bei der Hauptfigur ankommt, ist sie auch wirklich zu Ende erzählt. In der Schlusseinstellung, die an ein japanisches Gemälde erinnert, zeigt sich nochmals das hohe ästhetische Niveau des Films. NOCTURNAL ANIMALS ist ein perfektes Gesamtkunstwerk, in dem jedes Department auf höchstem Niveau gearbeitet hat. Der Film zeigt, was Kino kann.




Spielfilm.de-Mitglied werden oder einloggen.