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FBW-Bewertung: Die Hälfte der Stadt (2015)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Dies ist die Geschichte von Chaim Bermann, der 1890 in dem polnischen Städtchen Kozienice geboren wurde und dort bis zum Holocaust als Gemeindepolitiker und Fotograf lebte und wirkte. Sein Einsatz galt vor allem auch dem Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen aus Polen, Deutschen und Juden. Bis sich das politische Klima in der Stadt durch den Nationalsozialismus veränderte?
Jahrzehntelang porträtierte Bermann die Menschen in seinem Umfeld. Rund zehntausend Porträts auf Glasnegativen sind seine Hinterlassenschaft und der Ausgangspunkt für Regisseur Pawel Siczek, das Leben des Urhebers und auch der Bewohner der Region in unsere Zeit zu übertragen. Ein Schatz von übergroßem Reichtum, der hier gehoben wurde und eine Reise durch eine fast vergessene Epoche. Gleichzeitig die wichtige Aufarbeitung der jüdischen Geschichte einer polnischen Stadt.

Die filmische Dramaturgie ist außergewöhnlich und auf drei Erzählebenen werden uns die Menschen und ihre Schicksale nahegebracht. Da sind zum einen die noch vorhanden alten Fotos nach den Glasplatten. Dann die Erzählungen der Tochter von Berman und eines alten Ehepaares, ehemalige Nachbarn der Familie. Und zuletzt die bewegtenBilder vom heutigen Kozienice mit einer überraschenden ?Bereicherung?. In diese bewegten Bilder werden sehr naive, aber auch reizvolle Animationen eingefügt, die immer etwas mit den Erzählungen der Protagonisten zu tun haben. Eine Form der Animation, welche als Reminiszenz an die naive Malerei der dortigen Region zu werten ist.
Insgesamt ist dies nach Ansicht der Jury formal nicht nur ein außergewöhnlicher Dokumentarfilm, sondern auch eine außerordentlich verdienstvolle Aufarbeitung von Geschichte.



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