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FBW-Bewertung: Ein Lied für Nour (2016)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Es ist eine Geschichte, die in den Ländern des Nahen Ostens sehr bekannt ist und so auch von den Filmemachern beim dortigen Zielpublikum als bekannt vorausgesetzt werden kann. Mohammad Assaf, ein junger Mann, der im Gaza Streifen lebt, ist ein außergewöhnliches Gesangstalent und singt in Ägypten bei der Castingshow ?Arab Idol?. Seine Landsleute feiern seine Auftritte im TV enthusiastisch und er wird tatsächlich, wie der Originaltitel es andeutet, zu einem ?Idol?. Erzählt wird hier jedoch in erster Linie nicht die wahre Geschichte seine Aufstiegs in der Show selber - diese wird stattdessen sehr kurz behandelt und der Film endet mit dem Moment des Triumphes für Mohammad. Stattdessen konzentriert sich Hany Abu-Assad ganz auf die Vorgeschichte und beginnt mit der Kindheit von Mohammad, der schon von klein auf gut singen konnte und unbedingt öffentlich auftreten wollte. Seine Schwester Nour war dabei die treibende Kraft ? sowohl als Gitarristin seiner kleinen Schülerband wie auch als diejenige, die sich mit viel Schneid und Mut für den Erfolg der Band einsetzte. In diesem ersten Teil überzeugt das Ensemble von Kinderdarstellern, wobei Hiba Attalah, die Nour verkörpert, mit ihrer Präsenz und Energiedie Entdeckung des Films ist. Die Geschichte des aufstrebenden jungen Künstlers und seiner Freunde ist dann mal komisch und mal anrührend erzählt ? besonders, nachdem Nour an einem Nierenleiden erkrankt und dann auch daran gestorben ist. Aber die Faszination der Geschichte entfaltet sich auch im Gazastreifen und Hany Abu-Assad vermittelt einen intensiven Eindruck davon, unter welchen Bedingungen die Menschen dort leben müssen. Die Städte sind zu einem großen Teil Trümmerlandschaften, die Bewohner werden eingepfercht wie in einem riesigen Gefängnis, alle sind arm und es herrscht ein permanenter Mangel an allem.
Nach einem Zeitsprung arbeitet der inzwischen erwachsene Mohammad als Taxifahrer und hat seine Hoffnungen auf eine Karriere als Sänger schon fast aufgegeben, als er von der Castingshow in Ägypten erfährt und sich nach einigem Zögern entscheidet, dort vorzusingen. In diesem Teil wird vor allem davon erzählt, wie beschwerlich es für ihn als Bewohner des Gaza Streifens ist, sein Land zu verlassen. Er kann nur illegal die Grenze überqueren, und dies inszeniert Abu-Assad spannend und fast schon mit den Stilmitteln eines Thrillers. In Kairo muss Mohammad es dann noch vor die Kamera der Show schaffen, obwohl er dafür kein Ticket hat. Aber auch dieses kleine Abenteuer meistert er souverän. Zum Schluss des Films werdenSpielfilmsequenzen mit Aufnahmen von den realen Castingshows vermischt und selbst. Dieser Bruch kam für die Jury ein wenig unvermittelt, doch diese kleine Einschränkung mindert kaum die beachtlichen Qualitäten des Films. Er zeigt das Lebensgefühl der Bewohner von Gaza, die bei der alltäglichenNot und Gewalt, die sie erleben müssen, nicht die Freude am Leben verlieren und sich dennoch mit ganzem Herzen für Mohammad und seinen Gesang begeistern können.



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