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FBW-Bewertung: Maria Magdalena (2017)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Papst Franziskus gab Maria Magdalena 2016 ihren gleichberechtigten Platz unter den Jüngern Jesus. Zudem gilt sie als erste Verkünderin der Auferstehung Christi. Die Männer, die später mit den Evangelien ihre Version der Geschichte erzählten und sie verbannten, versteckten sich während der Kreuzigung ihres Messias und retteten ihr eigenes Leben, während Maria Magdalena Jesusin den Stunden des Leids beiseite stand und ihn in seinem Schmerz tröstete.
Der Australier Garth Davis erzählt die entscheidenden Monate ihres Lebens als klassische Passionsgeschichte vor grandiosen Wüstenlandschaften. Maria stammt aus dem kleinen Örtchen Magdala. Sie ist eine starke, unabhängige und geschätzte Frau, deren Rat bei schwierigen Geburten und Krankheiten gefragt ist. Sie sträubt sichgegen die Verheiratung durch ihren Vater und schließt sich stattdessen dem kleinen Trupp um den neuen Messias an. Sie wird selbst getauft und sorgt dafür, dass auch die Frauen ihre Scheu überwinden und zum neuen Glauben übertreten.
Maria erlebt einige Wunder mit, die Jesus bewirkt, und erweist sich selbst als stark im Glauben. Sie gewehrt allen Liebe, Mitgefühl und Gnade. Gemeinsam mit den Jüngern und Jesus pilgert sie zum Pessachfest in den Tempel von Jerusalem, wo Jesus verhaftet und gekreuzigt wird.
Bei der Neuerzählung des Lebens Maria Magdalenas meistert der Regisseur den Spagat, Maria endlich als gleichberechtigte Anhängerin Jesus einzuführen, ohne die Traditionalisten in der Katholischen Kirche zu vergrätzen. Der Film wirkt wie eine Ergänzung des Neuen Testaments. Maria wird weder zur Feministin noch zur Revolutionärin hochstilisiert, sie stellt weder die archaisch-patriarchalischen Familienstrukturen der damaligen Gesellschaft in Frage noch fordert sie für Frauen die Gleichberechtigung ein. Und auch Jesus, ein eher in sich gekehrter Heiland, der hier schwer an seiner Last zu tragen hat, bringt nur verbal seine Überzeugung zum Ausdruck, dass Frauen und Männer vor ihrem Schöpfer gleich seien. Taten folgen diesem Lippenbekenntnis kaum.
Die Autorinnen nehmen weitereÄnderungen der überlieferten Geschichte vor, die sicher für Gesprächsstoff sorgen werden. Da ist zum einen Judas, der Jesus nicht für Geld verrät, sondern dem Irrglauben aufsitzt, nach der Verhaftung des Messias werde sich das Volk von Jerusalem erheben und so jene Gesellschaft schaffen, in der er seine verhungerte Familie wiedersehen kann.
Zum anderen randaliert Jesus im Tempel im Stile Martin Luthers vor 500 Jahren in der Schlosskirche von Wittenberg, wenn er die Schlachtung von Schafen als Opfergaben als Ablasshandel anprangert. Hier lassen sich auch aktuelle Deutungen und Parallelen zu Herrschaftssystemen finden, die sich von ihren Idealen entfernen.
Der Film wird von Rooney Maraüber alle Klippen getragen, sie vereint Sanftmut und Stärke und schenkt mit einem Lächeln im Gesicht Hoffnung und Trost. Sie wird als wahre Botin des Christentums gefeiert, den Weg in ein besseres Leben in sich selbst zu suchen.
Das Setting istüberzeugend, die Ausstattung stimmig, die Kamera taucht das Geschehen in ein sanftes Licht. Insgesamt entsteht ein rundes Zeitgemälde Judäas zur Zeit der Kreuzigung Christi.



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