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FBW-Bewertung: 100 Dinge (2018)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Ein deutscher Spielfilmüber die Generation Startup war längst überfällig. Klar, dass er in Berlin spielen würde, klar auch, dass die Hauptrollen mit körperlichen Archetypen der Gattung Mann besetz sein würden. Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer in den Hauptrollen sind somit bestens gewählt. Und Fitz spielt in 100 DINGE nicht nur die Hauptrolle, er führt auch gleich Regie und hat sogar das Drehbuch geschrieben.
100 DINGE ist eine handwerklichüberzeugende Mischung aus Buddy-Movie und RomCom, ein Film, der keine Angst hat, auch Klischees zu bedienen. In gut gewählten Settings führt der Film in die Welt von Yuppies und Hipstern, die versuchen, zur urbanen Oberschicht aufzusteigen. Mit genauso gut getimten, wie platzierten Humor kann sich 100 DINGE durchaus mit vielen us-amerikanischen Komödien messen und dennoch zeigte sich die Jury in der Diskussion oftmals zwiegespalten.
Fitz und Schweighöfer spielen Anton und Toni, zwei Kumpel, die nach einem erfolgreichen Geschäftsabschluss beweisen wollen, dass sie auch ohne weltlichen Luxus auskommen. Mit einer Wette besiegeln sie, dass sie auf allen Konsum verzichten können. Und so wachen sie nach feuchtfröhlicher Nacht, gänzlich unbekleidet, in ihren leergeräumten Lofts auf. Jeden Tag dürfen sie sich einen Gegenstand aus ihrem Besitz aneignen, 100 Dinge, 100 Tage lang. Wer betrügt oder aufgibt, der muss seinen Anteil an der gemeinsamen Softwarefirma der Belegschaft übergeben.
Ein Motiv, aus dem sich viel entwickeln lässt. Vielleicht hat sich Florian David Fitz ein wenig gescheut, dem Stoff noch mehr Biss und Tiefgang zu geben, um die Jury vollends zu überzeugen. Immerhin steht der Stoff nicht nur für die Frage, was für ein glückliches Leben wirklich notwendig ist, sondern auch für eine gewaltige Watsch'n für die Datensammelwut via Hard- und Software, so wie sie Siri, Alexa oder Cortana gratis in jeden Haushalt tragen wollen. Immerhin haben die beiden Protagonisten dem amerikanischen Computer-Multimillionär David Zuckerman ihre ausgeklügelte Erfindung angeboten: eine App, die das Zeug dazu hat abhängig zu machen. Ein Handyprogramm, das auf die persönlichen Regungen und Bedürfnisse seiner User reagiert und, ganz perfide, die Informationen über deren Leben an Konzerne weiterleitet, so dass die den Konsum der User steuern können.
Die Nähe zu zeitgenössischen Themen wird absolut deutlich. Jedoch werden die Motive in 100 DINGE lediglich gestreift. Zu selten verlässt der Film die Comfort Zone und gibt seinen Zuschauern damit nur wenige Anlässe, die eigene zu verlassen. 100 DINGE ist eine gut funktionierende und gut umgesetzte Komödie über zwei Männer, die nicht erwachsen werden wollen. Luxusgüter sind ihr Spielzeug, das Leben aber lassen sie nicht an sich heran. Was das eigentlich ist, das Leben, das verrät in 100 DINGE eigentlich nur Florian David Fitz? Film-Oma Katharina Thalbach. Die alte Dame hat Krieg, DDR undWiedervereinigung überstanden und es immer verstanden, das Beste daraus zu machen. Sie ist ein nicht durchkommerzialisierter Dinosaurier, wenn man so will, und damit der Antagonist zu den Figuren von Fitz und Schweighöfer. Die alte Dame steht für Liebe, Glück und Gefühle und für all das, was wirklich wichtig ist im Leben. Und irgendwie gelingt es ihr auch diese Werte letztlich an Toni und Paul weiterzuvermitteln.
Seine stärksten Momente hat 100 DINGE dann, wenn er von der reinen Komödie zur romantischen und auch ein wenig zur tragischen Komödie wird. Und das geschieht vor allen Dingen in der zweiten Hälfte des Films.




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