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FBW-Bewertung: Glück ist was für Weicheier (2017)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: In ihrem zweiten Spielfilm nach REISE MIT VATER erzählt die 39-jährige deutsch-rumänische Regisseurin eine komplexe und vielschichtige Coming-of-Age-Geschichte, die die Zielgruppe in ihren Erfahrungen mit der Pubertät und der ersten Liebe abholt. Sie kombiniert dies mit einer einfallsreichen Auseinandersetzung mit dem Umgang mit dem Tod in der modernen Gesellschaft. Das sensibel beobachtete, hervorragend gespielte und tiefgründige Melodrama eröffnete die renommierten Hofer Filmtage 2018.
Die 12-jährige Jessica ? herausragend: Ella Frey ? hat die Probleme vieler Teenagerinnen. Ihr Körper steckt noch in der Kinderfigur, aber die Pubertät hat in ihr die ersten Gefühle für das andere Geschlecht geweckt. Sie ist unsterblich in einen Mitschüler verliebt, Eistänzer, den sie heimlich beobachtet.
Das gesamte Leben Jessicas ist vom Umgang mit dem Todüberlagert. Ihre Mutter starb vor 11 Jahren bei einem Autounfall, die ältere Schwester Sabrina leidet unter einer unheilbaren Krankheit und wird zu Hause gepflegt. Jessicas Vater kann ihr keinen Halt bieten. Er ist selbst mit den eigenen Gefühlen überfordert, zerrissen von der Sorge um die beiden Töchter, seinem Schmerz und der Angst vor dem nahenden Tod Sabrinas. Statt mit einer neuen Partnerschaft versucht er, sich dem Problem über die Begleitung von Sterbenden anzunähern. Dabei nutzt er die reichhaltige, zum Teil fragwürdige Literatur, die auf dem Markt ist. Er lernt im Laufe des Films, den Tod nicht als von Gott gewollten Schicksalsschlag, sondern als Teil der Natur anzunehmen.
Jessica leidet auf Grund der seelischen Belastungen an irrationalen Phobien undÄngsten, die sie über eine Therapie in den Griff kriegen soll. Sie entwickelt mit deren Hilfe die Resilienz, um Niederlagen in der Pubertät ebenso wie den Tod als Teil des Lebens zu akzeptieren.
Die Familiengeschichte lebt von den grandiosen Leistungen der Schauspieler, auch wenn Martin Wuttke manchmal die Grenze zum Pathetischen kratzt. Mit dieser Brillanz können das Buch, das in den Augen der Jury zu überladen ist, und die künstlerische Umsetzung nicht immer mithalten. Die Bilder erreichen bedauerlicherweise niemals wirklich Kinoniveau, was wohl auch den Budgetbeschränkungen der Produktion geschuldet ist.




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