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FBW-Bewertung: 1917 (2019)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Das Kriegsdrama von Sam Mendes ist filmtechnisch so atemberaubend, dass die erzählte Geschichte durch den Stil fast ein wenig in den Hintergrund gerückt wird. Erzählt wird von den Schrecken des ersten Weltkriegs am Beispiel von zwei jungen britischen Soldaten, die eine Nachricht über die Schützengräben und durch das Niemandsland zwischen den Fronten bringen sollen. Denngenau durch diese Nachricht soll ein Massaker verhindert werden. Gedreht wurde der Film mit so gut wie keinem sichtbaren Schnitt, also scheinbar in einer ununterbrochenen, knapp zwei Stunden langen Kamerafahrt. Mendes wollte so den Eindruck vermitteln, als würde sich die Geschichte vor den Augen der Zuschauer in Echtzeit entfalten, und dies ist ihm auch sehr beeindruckend gelungen. Die digitale Technik, die diese nahtlose Verknüpfung der vielen Einzelaufnahmen zu einem kontinuierlichen Fluss möglich macht, ist unsichtbar, und so wirkt der Film, obwohl er hochartifiziell konzipiert und ausgeführt ist, überraschend natürlich und organisch. Es war klug, die Geschichte aus der Perspektive von zwei einfachen Soldaten zu zeigen. George MacKay und Dean-Charles Chapman gelingt es, die Erschöpfung und Verzweiflung der jungen Männer glaubhaft und intensiv auszudrücken. Die höheren Offiziere werden von britischen Filmstars wie Colin Firth und Benedict Cumberbatch verkörpert, aber eben nur in kurzen Auftritten. Sam Mendes spielt hier geschickt mit deren Wiedererkennungswert und sagt dabei: Dies ist ein Film, der anders erzählt und in dem die Offiziere/Filmstars nur Nebenrollen haben. Mendes wurde durch die Erzählungen seines Großvaters, eines Veteranen des ersten Weltkriegs, zu seinem Film inspiriert, aber bei seinem ersten Drehbuch hat er die Geschichte auch zusätzlich noch mythologisch überhöht. Aus der Idylle einer sommerlichen Wiese werden die beiden Helden in ein Totenreich getrieben. Ein Fluss muss wie der griechische Styx durchquert werden, und am Schluss wird dann die Heimkehr in die Welt der Lebenden wieder durch eine friedliche Wiese symbolisiert. 1917 funktioniert auch als spannender Actionfilm, aber es sind seine tieferen Bedeutungsebenen, die ihn zu einem faszinierenden Meisterwerk machen.



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