oder

FBW-Bewertung: Das geheime Leben der Bäume (2020)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Peter Wohlleben ist so etwas wie der Oberförster Deutschlands. Spätestens seit seinem 2015 erschienenen Bestseller ?Das geheime Leben der Bäume? ist der smarte wie eloquente Forstwirt zum Medienliebling und gern gesehenen Gast bei Talkshows und anderen öffentlichen Events geworden. Das liegt vor allem an seiner verständlichen Art,wie er komplexe biologische und ökologische Sachverhalte präsentiert, aber auch daran, dass Wohlleben in vielen Punkten eine Haltung vertritt, die sich fundamental von der vor allem kommerzorientierten Forstwirtschaft unterscheidet. Kein Wunder, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis das Kino das Buch wie den Autor für sich entdeckte. Zumal mit dem Erfolg der ?Fridays-for-Future?-Bewegung und der Bekanntheit von Greta Thunberg das Thema derzeit medial allgegenwärtig ist und heftige Kontroversen auslöst. Ein Kinoerfolg scheint da vorprogrammiert, zumal die Deutschen zu ihrem Wald seit jeher ein ganz besonderes Verhältnis pflegen.

Jörg Adolphs Film, dessen Titel direkt von Wohllebens erfolgreichstem, aber nicht unumstrittenem Buch entlehnt ist, versucht den Spagat zwischen Porträt und Schilderung der wichtigsten Thesen Wohllebens, zwischen ernsthaftem ökologischen Anliegen und der Auseinandersetzung mit einem medialen Phänomen. Besonders eindrücklich sind vor allem die Naturszenen geraten, die der gleichfalls profilierte Naturfilmer Jan Haft beisteuerte.

Wie Peter Wohlleben in seinen Büchern, so schafft es auch der Film zu jeder Zeit, verständlich zu bleiben und die Thesen des Autors sowie sein Anliegen auf einfache Weise zu transportieren, ohne dass man dabei den Eindruck hat, das Ganze sei zu belehrend oder unterkomplex geraten.

Zwar bekennt Wohlleben selbst an einer Stelle, dass er sich selbstverständlich schon öfter geirrt habe, doch der Film selbst lässt derartige Ungewissheiten gar nicht erst aufkommen. Kritische Stimmen und Gegenpositionen zu den im Buch vertretenen Thesen - und diese gibt es durchaus häufig - finden in dem Film keinen Platz. Vielmehr wird Wohlleben selbst als strahlender Held präsentiert, der durch sein Engagement nicht nur im Rahmen des #Hambibleibt-Protests als eine Art nationales Vorbild für das steigende Umweltbewusstsein der Deutschen taugt. Untermalt von sehr präsenter, quasi permanenter Musikbegleitung verlässt sich der Film ganz auf das einnehmendeWesen Wohllebens, wenn es darum geht, die komplexen biologischen Zusammenhänge zu vermitteln. Sonst übliche Visualisierungen hingegen unterbleiben und sorgen dafür, dass der Film auch für Laien gut verständlich bleibt.

Dass Wohllebens Engagement mittlerweile auch ein lukratives Unternehmen ist mit eigener Waldakademie, gut bezahlten Vorträgen und anderen Benefits, muss sich das Publikum hingegen selbst erschließen. Und wie bereits erwähnt, finden auch die kritischen Anmerkungen zu Wohllebens Thesen keinerlei Eingang in diesen Film. So bleibt DAS GEHEIME LEBEN DER BÄUME unterm Strich ein gut gemachter populärwissenschaftlicher Film, der allerdings einiges an journalistischer Ausgewogenheit missen lässt.



Spielfilm.de-Mitglied werden oder einloggen.