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FBW-Bewertung: Irresistible - Unwiderstehlich (2020)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat wertvoll verliehen.

Der vor allem aus?The Daily Show? bekannte Entertainer Jon Stewart schrieb und inszenierte mit IRRESISTIBLE ? UNWIDERSTEHLICH seinen zweiten Spielfilm, der als Politsatire mitten hinein führt in die Systematiken des US-amerikanischen Wahlkampfs und seines Finanzierungsmodells. Stellvertretend für die im November anstehende Präsidentschaftswahl dekliniert Stewart im Mikrokosmos einer ländlichen Kleinstadt jede Menge Absurditäten durch, die die Realität des US-amerikanischen Politsystems bietet. Angefangen von einem demokratischen Kandidaten, der den größtmöglich republikanischen Eindruck machen soll, über die offen bekannte Praxis der Faktenverdrehung und Täuschung der Öffentlichkeit bis hin zur spendenbasierten Wahlkampffinanzierung, aus der heraus sich am Ende auch die Pointe des Films entwickeln wird, wandelt Stewart all das in Satire, was sich seit Wochen live in den US-Nachrichten abspielt. Dabei geht es im Film ähnlich wenig wie in der Realität um konkrete politische Themen, sondern um die Abbildung und das Karikieren einer zunehmend heftiger werdenden Polarisierung ? was den Film zwar für ein breiteres Publikum zugänglich werden, aber an Tiefe einbüßen lässt. Dazu spart er nicht an Spott über die Profi-Campaigner und eine politische Klasse in Washington, die sich nur noch um sich selbst dreht. Aus ihrer Konfrontation mit der freundlichen und schweigsamen Landbevölkerung ergeben sich recht stereotyp gezeichnete Gegensätze, die zunächst in zahlreiche Scherzegegossen werden, um in der Schlusspointe dann doch revidiert zu werden. Gute Beobachtungen, lustige Details und zahlreiche Inszenierungsideen besonders am Beginn sorgen für Unterhaltung, doch nach Ansicht der Jury hätte der Film als Satire durchaus noch ein wenig mehr an Schärfe haben dürfen. Das Anliegen, die widersprüchlichen Praktiken des Wahlkampfes in den USA zu kritisieren, ist zweifellos wichtig und wirkt jederzeit aufrichtig, jedoch bleibt er in seinen Ansätzen überraschend harmlos ? vergleicht man ihn etwa mit US-amerikanischen Politsatiren wie ?Wag the Dog? oder ?Network?. Gerade heute, nach den aktuellen gesellschaftlichen Zuspitzungen wie etwa der ?Black Lives Matter?-Bewegung, verblassen Stewarts Kommentare teilweise. Die Realität erscheint uns weitaus grausamer als im Film ? und wenn eine Satire, die von Überhöhung und Zuspitzung lebt, im Grunde harmloser ausfällt als die ihr zugrunde liegende Wirklichkeit, muss sie zwangsläufig an Kraft verlieren. Trotzdem vergibt die Jury mit Überzeugung ein Prädikat, weil der Film sein grundsätzliches Ziel, sich überhaupt kritisch mit dem Wahlsystem auseinanderzusetzen, in unterhaltsamer Weise erreicht.



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