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FBW-Bewertung: Ein Geschenk von Bob (2020)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: EIN GESCHENK VON BOB ist das Sequel zu BOB DER STREUNER nach der autobiografischen Vorlage des ehemals drogensüchtigen Straßenmusikanten James Bowen. Er erzählt von der schwierigen Zeit seines Entzugs und wie ihm die Beziehung zu einer Straßenkatze, dem titelgebenden Bob, dabei geholfen hat. Das Sequel nun schließt handlungstechnisch auf recht komplizierte Weise an den Vorläufer an. In der Rahmenhandlung sieht man zunächst James, markant mit seinem Kater auf der Schulter, zum Weihnachtsempfang seines Verlags laufen, um dort den Bucherfolg mit"Bob der Streuner"zu feiern. James jedoch hat Schwierigkeiten, sich wirklich zu Hause zu fühlen; es ist sichtlich nicht sein Milieu. Stattdessen nimmt er sich später auf der Straße eines anderen ehemaligen Drogensüchtigen, der gerade erst durch den Entzug ist, an. Die folgende Filmhandlung ist seine, als Trost und Rat verstandene Erzählung von der Krise, die James durchmachte, als zur Vorweihnachtszeit ein paar, zunächst kleine Dinge zusammenkamen, die ihn aber schwer belasteten: Kater Bob verletzte sich, er stritt sich mit anderen Obdachlosen um die beste Stelle als Straßenmusiker, die öffentliche Tierpflege wurde auf ihn aufmerksam... Aber obwohl James in der Panik, Bob zu verlieren, einige falsche Entscheidungen trifft, zeigt sich, dass seine bunt zusammengewürfelte"Support Group"aus Katzenliebhabern, engagierten Sozialarbeitern und freundlichen Nachbarn stark genug ist, ihn mit durch die Krise zu tragen. Außerdem ist Weihnachten.

Wie schon der Vorläuferfilm stellt auch EIN GESCHENK VON BOB eine Vermischung dar von authentischen Erlebnissen mit leicht märchenhaften, bzw."spirituellen"Interpretationen nahe legenden Elementen. Letztere sind in diesem Weihnachtsfilm stärker betont als noch zuvor. Die Authentizität der Hauptfigur James ist jedoch immer noch zu erspüren: die unausgeglichene, leicht paranoide Psyche eines ehemaligen Drogenabhängigen mit extrem schlechtem Selbstwertgefühl und Schwierigkeiten, seinen Lebensalltag zu strukturieren. Seine Erlebnisse werden ? nach Ansicht der Jury nicht immer auf gelungene Weise ? eingebettet in eine ausgesprochen formelhafte Weihnachtshandlung. Der Film nimmt sich für letztere viel Zeit und drängt zusätzlich durch seine Musik Emotionen auf, wo diese die realistisch geerdeten Handlungsaspekte nicht immer wirklich hergeben. Gegen den so produzierten, gewollten Weihnachtskitsch setzt sich immer wieder die zum Teil echte Rauheit des Londoner Schauplatzes ab, besonders James'Unterkunft ist in einem realen sozialen Wohnungsbau angesiedelt. Zur authentischen Seite des Films gehört auch die Tatsache, dass Kater Bob kein digital animiertes, vermenschlichtes Kunstwesen ist, sondern ein gewöhnlicher Kater, undurchschaubar und eigensinnig. Mit diesen disparaten Elementen stellt EIN GESCHENK VON BOB eine interessante Mischung dar, die nach Meinung der Jury nicht in allem gelungen ist, sich aber im Vergleich zu anderen Werken im Genre Weihnachtsfilm auf angenehme Weise abhebt. So verbindet der Film die Motive des klassischen Weihnachtsfilms, in dem den Armen und Obdachlosen geholfen wird, Wahlfamilien zusammenfinden und Unbehausten ein Heim geboten wird, mit einem durchaus realistischem Blick auf die Härten des Drogenentzugs und eines marginalisierten, prekären Existenz als Straßenmusiker.



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