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FBW-Bewertung: Over & Out (2022)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Lea, Steffi, Toni und Maja sind schon als Kinder zu Freundinnen fürs Leben geworden. Durch ihr gemeinsames Training im Turnverein haben sich die Vier den Namen ?Muskeltiere? gegeben und geschworen, ihre Hochzeiten gemeinsam zu feiern. 26 Jahre später lädt Maja per Videobotschaft zu ihrer Hochzeit ein und erinnert an ihren gemeinsamen Schwur. Die erfolgreiche Managerin Lea, Rockstar Toni und Steffi, die als einzige schon verheiratet und im Familienhaushalt mit Kindern nicht ganz glücklich festgefahren ist, machen sich auf den Weg nach Italien. Nach dem gemeinsamen Flug soll ihnen am Flughafen schon ein Wagen für die Weiterfahrt in die Provinz bereitstehen. Schon die längere Reise im Auto zum Hochzeitsort zeigt, dass jede der sehr unterschiedlichen Freundinnen nicht nur ihre ganz eigenen Lebenserfahrungen gesammelt hat, sondern dass sie in vielen Dingen nicht gerade auf gleicher Linie liegen und Wortgefechte folgerichtig sind. Bei Ankunft in der kleinen Hochzeitskapelle in der Provinz trifft sie dort eine Botschaft von Maja wie ein Hammerschlag. Sie müssen für sie einen Auftrag erfüllen, der sie über mehr als 800 km durch Italien an einen vorbestimmten Ort am Meer führen soll. So beginnt ein streckenweise chaotischer Roadtrip, bei dem die Freundinnen Zeit genug haben werden, nicht ganz freiwillig über ihre Lebenskrisen und geplatzten Träumen zu sprechen. Das führt an den verschiedenen Stationen der Reise teils zu heftigen Auseinandersetzungen, welche die Freundschaft der ?Muskeltiere? in Wellenbewegungen, mit Höhen und Tiefen auf eine harte Probe stellen wird.
Ein hervorragend ausgearbeitetes Drehbuch war die Grundlage für einen wunderbar inszenierten Film, der in erster Linie vom großartigen Spiel von Jessica Schwarz (Lea), Petra Schmidt-Schaller (Toni) und Autorin und Regisseurin Julia Becker als Steffi lebt. Das Drehbuch schenkte den Protagonisten ein Feuerwerk an glaubhaft realistischen Dialogen, versehen mit einer großen Leichtigkeit. Ihre Sprache ist überaus lebendig und strahlt nahezu dokumentarisch-authentischen Duktus aus. Kurzum: Der Zuschauer wird durch dieses Feuerwerk an Lebenserfahrungen in ständiger Spannung gehalten und kann sich gut emotional in die Handlung einbinden, auch mit Identifikationspotential. Überraschende Einfälle, verbunden auch mit Spaß, auf den Haltestationen der Reise bereichern die Handlung, die zum großen Teil im Innern eines Autos stattfinden muss. Dies war auch eine große Aufgabe für die Kamera, für variable Einstellungen in diesem eingeschränkten Bereich und mit den entsprechenden Perspektiven in Nahaufnahmen auf die Gesichter der Protagonisten zu sorgen, was bestens gelungen ist. Dazu kommen selbstverständlich auch die schönen Landschaftspanoramen des Drehlandes Kroatien, die dem Flair Italiens vollendet entsprechen. Am Ende der Reise versprechen sich die Freundinnen, dass aus den Erfahrungen von 38 nicht ganz einfachen Lebensjahren jetzt gerne weitere 38 und bessere Lebensjahre kommen dürfen. Sehr gerne zeichnet die Jury diese bezaubernde Tragikomödie mit dem höchsten Prädikat aus.



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