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FBW-Bewertung: Ein grosses Versprechen (2022)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Die Jury zeigte sich sehr beeindruckt von dieser berührenden Geschichte um ein Ehepaar, das durch Krankheit und Alter bedingt mehr und mehr in eine Krise der Veränderungen gleitet. Ein präzises Drehbuch mit glaubhaften Dialogen führt uns zunächst in das Leben der glücklichen Ehe von Erik und Juditha, die aber schon längere Zeit an den zunehmenden körperlichen Problemen durch eine Multiple Sklerose-Erkrankung leidet. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, bei dem Erik als erfolgreicher Manager in den Ruhestand versetzt wird. Zeit auch, ein großes Versprechen einzulösen, das beide sich gegenseitig geben haben: Mit einer Yacht nach Malmö zu segeln, wo ihre Tochter lebt. Aber von nun an nur zuhause sein weiteres Leben zu verbringen, ist für den agilen und in die Welt strebenden Erik zu wenig. Seine Bewerbung für ein Bürgermeisteramt scheitert und sein schnell aufgenommenes Altersstudium muss er abbrechen, weil mittlerweile Judithas Krankheit sich so verschlechtert hat, dass sie seine umfängliche Hilfe zuhause braucht. Doch nun zeigen sich mehr und mehr Probleme. Denn in einer von großem Respekt und ebenso unverbrüchlicher Treue geprägten Schicksalsgemeinschaft von zwei sehr starken und unabhängigen Menschen kann Juditha es kaum zulassen, dass man ihr bei ihrer schwindenden körperlichen Kraft hilft und dies noch bei einem für Rollstuhlfahrer vollkommen ungeeigneten Haus. Erik aber erträgt die Wände im Haus nicht mehr und sucht die Freiheit in der Natur, am Meer und bei den Menschen. Am Ende steht eine Entscheidung, die beide gemeinsam treffen müssen.
Die Jury anerkennt die große inszenatorische Leistung von Regisseurin Wendla Nölle in ihrem Spielfilmdebüt. Die Probleme des Älterwerdens, der Umgang mit der Krankheit und die Ausgrenzung aus dem früheren Alltagsleben sind sehr glaubhaft mit überzeugenden filmischen Mitteln umgesetzt worden. Judithas und Eriks Weg in die zunehmenden Schwierigkeiten, in ihre Verzweiflung, in ihr Schwanken zwischen Hoffnungslosigkeit und Zuversicht zu begleiten, ist berührend und spannend zugleich. Der Film steht und fällt mit den großartigen darstellerischen Leistungen von Rolf Lassgard als Erik und Dagmar Manzel als Juditha. Vor allem ihre außergewöhnliche Darstellung der unter der Krankheit wachsenden Behinderung leidenden Frau verlangt allergrößte Hochachtung. So drastisch auch manche der Szenen im Film sind, so bleibt den Protagonisten immer ihre Würde. Dies ist auch ein Verdienst der äußerst sensiblen Kameraführung. Die Jury zeigt sich beeindruckt von diesem sehr reifen Film, der gleichermaßen berührt und nachdenklich macht, und zeichnet ihn sehr gerne mit dem höchsten Prädikat aus.






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