Wann kommst du meine Wunden küssen? (2022)

"Wann kommst du meine Wunden küssen?" ist das neue Werk von Hanna Doose ("Staub auf unseren Herzen"). Abermals zeigt die 1979 in Köln geborene Filmemacherin ein großes Interesse an Ambivalenzen und ein überaus feines Gespür für komplexe Charaktere. "So wie das Leben bestehen auch meine Figuren aus Widersprüchen", äußert Doose in einem Regiekommentar. Zusammen mit ihrem Ensemble ergründet sie den Schmerz und den Antrieb dieser Personen.

Zu einer besonderen Stärke wird dabei die Improvisation, die am Set ermöglicht wurde. Während der Plot in Form eines ausgearbeiteten Treatments vorgegeben war, entstanden die Dialoge völlig frei. Das Ergebnis ist eine ungemein authentisch anmutende Reflexion über Lebensträume und -lügen sowie über existenzielle Krisen, Liebe und Freundschaft. Die Beziehungen zwischen den Hauptfiguren Maria, Kathi, Laura und Jan sind kompliziert und von etlichen gegenseitigen Verletzungen geprägt. Bibiana Beglau, Katarina Schröter, Gina Henkel und Alexander Fehling bringen diese Konflikte und Spannungen mal in kleinen Gesten, mal in virtuos interpretierten Eruptionen zum Ausdruck. Tragik und Komik gehen hier eine stimmige, stets dringliche Verbindung ein.

Hinzu kommen die bemerkenswerte Bildgestaltung des Kameramanns Markus Zucker – etwa wenn die Wälder, der Schnee und die Berglandschaft erfasst werden – sowie die einnehmenden elektronischen Klänge des französischen Komponisten Kangding Ray, die dem Geschehen zuweilen etwas leicht Surreales verleihen.

Fazit: Ein großartig gespielter und gekonnt in Szene gesetzter Film über Existenzängste und die Schwierigkeiten des Zwischenmenschlichen.