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FBW-Bewertung: Schweigend steht der Wald (2022)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Den Mythos vom ?dunklen deutschen Wald? nutzt Saralisa Volm, um mit SCHWEIGEND STEHT DER WALD einen geschickt konstruierten und dicht inszenierten Thriller zu drehen, in dem die Schrecken die Sünden der jüngeren deutschen Vergangenheit sind. Henriette Confurius spielt die Forststudentin Anja, und von der ersten Filmminute an gelingt es ihr, sie als eine junge Frau darzustellen, die ihr Metier beherrscht. Wenn sie Erdproben nimmt und später ein Wildschwein ausnimmt, dann merkt man, dass Saralisa Volm deren Beruf ernst nimmt und zeigen will, was dieses Handwerk auszeichnet. Von Anfang an spürt man im Film eine subtile Bedrohung: mit einer Lichtung stimmt etwas nicht und die Heldin lässt nicht locker, um dieses Rätsel aufzuklären. Dass hier im wahrsten Sinne des Wortes etwas begraben liegt, das von einer Verstrickung der Dorfbewohner in eines der schlimmsten Verbrechen zeugt, macht Saralisa Volm erst langsam deutlich. Schnell wird dagegen klar, dass durch ihre Recherchen alte Wunden aufbrechen und die Dorfbewohner sie als eine Bedrohung ansehen, die das Vergrabene nicht ruhen lassen will. Bald gibt es eine erste Tote, und es zeigt sich, dass sich auch Anja in dem Dorf in der Oberpfalz ihrer eigenen Vergangenheit stellen muss. Es gelingt Volm, jeden der Dorfbewohner als eine komplexe Persönlichkeit mit eigenen Widersprüchen und Motiven zu formen. Dabei verzichten sie und der Drehbuchautor Wolfram Fleischhauer, auf dessen gleichnamigen Roman der Film basiert, darauf, mit den gängigen Klischees von der dumpfen Bevölkerung in der tiefen deutschen Provinz zu arbeiten. Stattdessen wird dieses Soziotop am Ende der 1990er Jahre mit einem großen Detailreichtum dargestellt. Fleischbauer wusste offensichtlich, wovon er schrieb. Gelobt wurde auch die atmosphärische starke Kameraarbeit, sowie Musik und Sounddesign, durch die ebenfalls subtil eine bedrohliche Stimmung vermittelt wird. Saralisa Volm gelingt es mit ihrem Langfilmdebüt SCHWEIGEND STEH DER WALD zugleich einen extrem spannenden Unterhaltungsfilm zu inszenieren und dabei auf die Verdrängung von Schuld hinzuweisen, die selbst über Generationen hinweg Bestand haben kann. Dadurch bekommt ihr Film eine überraschende Tiefe und ist so viel mehr als eine weitere, gut gebaute Kriminalgeschichte.



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