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FBW-Bewertung: Dune: Teil 2 (2023)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Dem Film DUNE: PART TWO bei der Frage einer Wertung im Sinne eines Prädikats gerecht zu werden, ist der Jury nicht leicht gefallen. Das lag auch an der Tatsache, dass es sich bei diesem zweiten Teil um einen Ausschnitt des letztlich dreiteiligen Filmepos von Denis Villeneuve handelt, der Verfilmung der Romanreihe von Frank Herbert von 1965.
Bewundernswert fand die Jury, mit welcher Fülle an Themen, Fragen, Kulturen und geschichtlichen Anknüpfungen der Zuschauer konfrontiert wird: Moralische Fragen wie der Umgang mit Macht und die Deformation durch Macht werden angesprochen. Oder der Einsatz von Krieg und Gewalt für hehre Zwecke ? bis zum Einsatz von Atomwaffen. Geschichtlich und kulturell gibt es Anspielungen aus den letzten 5000 Jahren Kulturgeschichte ? von der jüdischen Messiaserwartung oder vom römisch-kaiserlichen Personenkult, von der Auferstehung eines Auserwählten über Versatzstücke aus griechischen Heldenmythen oder dem großen Einfluss der islamisch-arabische Kultur und der Paradiesvorstellung bis hin zur Erklärung eines Heiligen Krieges. Bei alledem besteht die interessante Umkehrung unserer klassisch westlichen Wahrnehmung darin, dass die gute Seite hier ein Wüstenvolk ist und in ihrem Kampf ikonografisch eher IS-Kämpfern angenähert ist, während die technizistische, zivilisatorisch eher westlich wirkende Welt die despotische und grausame ist. Womit auch das aktuell diskutierte Thema Kolonialismus eingewoben ist, was auch deutlich wird an einem zentralen Motiv in der Geschichte: die gierige, in jeder Beziehung rücksichtlose Ausbeutung von seltenen Rohstoffen in fremden Ländern (in diesem Fall der Wüstenplanet).
In einem Blockbuster dieser Größenordnung fehlt natürlich auch der Liebesaspekt nicht. Und weil die Hauptfigur Paul (Timothée Chalamet) mit Chani (Zendaya) eine Frau aus einem anderen Volk liebt, ist auch noch der interkulturelle Dialog eröffnet. Auch Rassen- und Herrenmenschenideologie sowie Eugenik spielen eine Rolle ? wie etwa der Kult um blaue Augen. Und nicht zufällig werden von der totalitären Seite Gegner hier zu ?Ratten? erklärt, sieht man Vernichtungen mit Flammenwerfern und Leichenberge brennen. Dabei wird geschickt jegliche zu konkret gezeigte Brutalität vermieden, so dass trotz überwölbenden Themen wie Flucht, Krieg und Schlachten nicht der Eindruck einer Gewaltorgie entsteht.
Hinzu kommen subtil eingewobene matriarchalische Überstrukturen (mit Charlotte Rampling und Lea Sexdoux als Vertreterinnen), Schamanismus sowie eine Art fast herrschaftsfreie, jedenfalls demokratisch anmutende Gesellschaftsordnung des Wüstenvolkes, auf dessen Seite wir als Zuschauer stehen.
Das alles führt ? trotz einer episch anmutenden Länge von 166 Minuten ? zu einer gewissen Hektik des Erzählens, abrupten Szenewechseln und etwas unbefriedigender Tiefe bei großen Themen. Auch wird keine der Fragen, die hier behandelt werden, zu einem Ende geführt, es gibt keinerlei inhaltlichen Abschlüsse, was den angekündigten dritten Teil unentbehrlich macht. Als in sich zu rezipierender Film kann DUNE: TEIL 2 somit nicht zwingend für sich als eigenständiges Kunstwerk stehen.
Perfekt und maßstäbesetzend hingegen sind der Einsatz von Kamera und Bildgestaltung mit extrem abwechslungsreichen Perspektivwechseln. Auch die perfekten digitalen Effekte lassen hier nicht steril, sondern physisch und plastisch eine Wirklichkeit entstehen, der man sich nicht entziehen kann. Dramaturgisch geschickt erlebt man den kreisenden Wechsel sowohl aus intimen als auch Gruppen und Massenszenen (bis hin zu der Filmhistorie entlehnten Aufmärschen, die noch weiter ins Gigantische gesteigert werden).
Im Anschluss an eine sehr spannende und ausführliche Diskussion und in Abwägung aller Argumente verleiht die Jury DUNE: PART TWO gerne das Prädikat WERTVOLL.






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