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FBW-Bewertung: Die Farbe Lila (2023)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Die zweite Verfilmung des weltberühmten Romans von Alice Walker "Die Farbe Lila" kommt auf den ersten Blick als professionell gestaltetes, attraktives, zugleich aber auch sehr klassisches Musical daher. Die etwas tiefer gehende Betrachtung offenbart jedoch eine Adaption, die sehr bewusst mit dem umgeht, was von heute aus gesehen die Schwächen von Steven Spielbergs erfolgreicher Kinoversion aus dem Jahr 1985 sind. Wo der Film etwa seinerzeit noch die wenig sympathisch erscheinenden Schwarzen Männer zu sehr als Stereotype behandelte, legt die Neuverfilmung Wert darauf, auch in den negativ gezeichneten Figuren stets ihre Menschlichkeit sichtbar zu halten.

Als eigentliche Vorlage des Films dient das gleichnamige Musical von 2005, das seinerseits von Menno Meyjes' Drehbuch zu Spielbergs Version ausging. Alle Zweifel, die das Konzept der thematischen Zusammenstellung von Tanz- und Gesangsnummern mit den harten sozialen Realitäten Schwarzer Frauen im ländlichen Georgia des frühen 20. Jahrhunderts auslösen, zerstreut Blitz Bazawules Film sehr schnell. Im Gegenteil erweist sich, dass die Gospel-, Jazz- und Blues-Elemente des Scores und Soundtracks hervorragend zum Stoff passen. Die Musik ergänzt die emotionale Tiefe der geschilderten Erfahrungen. Das schwere Schicksal der Hauptheldin Celia, die als Teenager missbraucht und als Ehefrau geprügelt wird, findet im Gesang einen Ausdruck der Befreiung und Selbstbestimmung. Wie überhaupt die starke Rolle der Musik den wichtigen Aspekt hervorhebt, dass das Leben der "black community" im von restriktiven Gesetzen geprägten Süden der USA zwar von bitterer Armut geprägt war, aber gleichzeitig eine musikalische Kultur von unschätzbarem Einfluss hervorbrachte. Die opulente Ausstattung mit zeitgemäßen Kostümen und farbenfrohen Landschaften wird nie zum Kitsch, weil sie zum einen mit der Zeit und dem Ort der Handlung präzise korreliert und zum andern in die Erzählung surreale Momente einstreut, die Celias Träume und Sehnsüchte repräsentieren.

DIE FARBE LILA ist ein zutiefst menschlicher, emotional mitreißender Film, dessen konventionelle Hülle in seinem Innern gleichsam einen Schutzraum schafft, um von erlittener Gewalt, Repression und Ungerechtigkeit zu erzählen, unbeschönigt, mit Authentizität und Nachdruck, aber auch ohne das Leid zum Klischee werden zu lassen. Von Sounddesign bis zur Ausleuchtung, vom Kulissenbau bis zu den Kamerafahrten ? jedes der filmischen Gewerke, die an einer Großproduktion wie dieser beteiligt sind, ist hier sichtlich in Höchstform. Das höchste Lob der Jury aber geht an die Schauspieler, die bis in kleine Nebenrollen großartig besetzt sind, und durch die auch kurze Auftritte nachhaltig in Erinnerung bleiben. Fantasia Barrino als Celie, Taraji P. Henson als Shug, Colman Domingo als Mister und Danielle Brooks als Sophie wären hier besonders hervorzuheben. Die Jury der FBW verleiht dem Film sehr gerne das höchste Prädikat BESONDERS WERTVOLL.



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