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The Tale - Die Erinnerung - Laura Dern
The Tale - Die Erinnerung - Laura Dern
© Capelight Pictures

TV-Tipps für Sonntag (27.3.): Laura Dern erzählt eine schmerzliche Geschichte

Arte zeigt "The Tale"

Zwei höchst unterschiedliche Spielfilme gehen am Sonntagabend in direkte TATORT-Konkurrenz: Auf RTL läuft der erfolgreichste James Bond-Streifen aller Zeiten "Skyfall", während Arte das Drama "The Tale" von Jennifer Fox über den sexuellen Missbrauch in ihrer eigenen Kindheit ausstrahlt.

"Skyfall", RTL, 20:15 Uhr
Das MI6 wird angegriffen, und James Bond (Daniel Craig) muss den Angreifer finden und töten - unabhängig vom persönlichen Preis, den er dabei zu zahlen hat.

Nach dem enttäuschend aufgenommenen "Quantum of Solace" suchten sich die Produzenten von Eon Productions für den offiziellen 23. James Bond-Film, dessen Veröffentlichung mit den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der Reihe zusammen fallen sollte, einen neuen Regisseur aus: Der Engländer Sam Mendes ("1917"), der bislang noch keinen Action-Thriller dieses Ausmaßes inszeniert hatte, war eine heimische, aber auch ungewöhnliche Wahl. Die Skepsis vieler Beteiligter, ob er das 200 Millionen Dollar schwere Projekt stemmen könne, schlug dem Filmemacher laut eigenen Angaben recht offen entgegen.

Die Produktion verzögerte sich durch die finanziellen Schwierigkeiten des Produktionsstudios MGM, die 2010 in der Insolvenz mündeten. Erst nachdem sich das Studio reorganisiert hatte und mit Columbia Pictures ein weiterer Partner an Bord gekommen war, ging es 2011 weiter. Mendes brachte mit seinem Kameramann Roger Deakins und seinem Komponisten Thomas Newman langjährige Mitarbeiter mit, deren exzellente Beiträge jeweils mit einer Oscar-Nominierung gewürdigt werden sollten.

Den Drehbuchautoren Robert Wade, Neal Purvis und John Logan gelang das Kunststück eines Quasi-Reboots der 007-Reihe, das sich nahtlos an die Vorgänger anfügte und für die Zukunft neue Charaktere etablierte: So gibt Judi Dench ihren Abschied als M, der Ralph Fiennes nachfolgt, und erstmals tauchen in der Craig-Ära Q (Ben Whishaw) und Miss Moneypenny (Naomi Harris) auf. Dazu taucht der Film tief in die Bond-Mythologie ein, indem der Agent in seine eigene Vergangenheit zurückkehrt.

Gedreht wurde in London, Schottland und in Istanbul, nicht jedoch am Spielort Shanghai. Dessen Szenen realisierte man ebenfalls in der britischen Hauptstadt. Die Innenaufnahmen fanden wie stets in den Pinewood Studios im englischen Buckinghamshire statt. Einen nicht unerheblichen Teil der Ausgaben holte die Produktion durch Product Placement wieder herein.

Als "Skyfall" in die Kinos kam, brach er Kassenrekorde und wurde in Großbritannien zum umsatzstärksten Film aller Zeiten, als der er dann drei Jahre später von "Star Wars - The Force Awakens" abgelöst werden sollte. Innerhalb der Bond-Saga wurde der britische Thriller der zuschauerstärkste weltweit aller Zeiten mit 1,1 Milliarden Dollar Umsatz, womit er den ewigen Ersten "Thunderball" von 1965 überrundete, und hinter "The Avengers" der zweiterfolgreichste Film des Jahres 2012.

Nicht wenige Kritiker meinten, dies sei der beste Bond-Streifen aller Zeiten - die Rezensionen waren herausragend. Sam Mendes war es gelungen, die Reihe mit einem intelligenten und packenden Abenteuer wieder erfolgreich in die Spur zu setzen. Nach diesem Triumph, der durch den Oscar-Gewinn für den Titelsong und den "Besten Tonschnitt" sowie einer weiteren Nominierung für die "Beste Tonmischung" noch augenfälliger wurde, verwunderte es kaum, dass Mendes gebeten wurde, auch den nächsten 007 "Spectre" zu inszenieren.

Kritiker John Widman schrieb in "Film Comment Magazine": "Der Film schafft die wirkungsvolle Balance zwischen den sich steigernden Action-Sequenzen, frischem Gebrauch charismatischer Talente und Verweisen auf das Vermächtnis der Reihe."



"The Tale - Die Erinnerung", Arte, 20:15 Uhr
Eine Dokumentarfilmerin (Laura Dern) wird mit Mitte 40 mit einem alten Schulaufsatz konfrontiert, den sie als 13-Jährige (Isabelle Nélisse) geschrieben hat. Darin stößt sie auf Hinweise, dass sie als Jugendliche Opfer eines sexuellen Missbrauchs wurde, was sich immer mehr verdichtet, je intensiver sie sich die Ereignisse des damaligen Sommers zurückruft.

Produzentin, Regisseurin und Drehbuchautorin Jennifer Fox ist von Hause aus Dokumentarfilmerin und auch ihr Spielfilmdebut ist im Grunde eine Variation der Dokumentar-Spielart, denn die Filmemacherin erzählt hier ihre eigene Lebensgeschichte, derer sie sich im Alter von 45 Jahren wirklich gewahr geworden war und die sie rund zehn Jahre später filmisch verarbeitete. Fünf Jahre recherchierte sie in ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis und schrieb am Skript. Laura Dern mimte dabei ihr älteres und die zwölfjährige kanadische Darstellerin Isabelle Nélisse, die durch ein landesweites Vorsprechen gefunden worden war, ihr jüngeres Alter Ego.

Das US-Drama benötigte eine lange Vorproduktionszeit, bis Ende 2015 die Kameras im US-Bundesstaat Louisiana laufen konnten. Es fanden sich schlicht keine Geldgeber, die bereit waren, die so heikle Geschichte des sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen zu finanzieren, zumal Fox darauf bestand, keine Abstriche bei der Darstellung zu machen: Es sollte eine explizite Geschlechtsverkehrszene geben. Schließlich fand sich ein internationales Produktionskonstrukt, bei dem sogar deutsches Steuergeld via Medienboard Berlin-Brandenburg, ZDF und Arte hineinfloss.

Es hat schon schlechter angelegtes Geld gegeben. "The Tale" wird dem außerordentlich herausfordenden Thema und der Komplexität von sexuellem Missbrauch und den Auswirkungen auf alle Beteiligten mit Feingefühl gerecht. Aus einem großartigen Ensemble ragt die bemerkenswerte Laura Dern noch einmal heraus.

Selbst ein fertiger Film garantiert aber noch keine Kinoauswertung. Es sollte bis 2018 vergehen, dass HBO Films, die sich die Austrahlungsrechte für 7 Millionen Dollar gesichert hatten, "The Tale" im Fernsehen ausstrahlten, weshalb die Produktion in den USA technisch gesehen als TV-Film gilt. Laura Dern wurde entsprechend in der Fernsehsparte der Golden Globes und für einen Emmy als Hauptdarstellerin nominiert. Die Kritiken waren durchweg hymnisch.

Kritikerin Margaret Lyons schrieb in "The New York Times": "Der Film ist im weiteren Sinne ein Argument, sich der Realität von Missbrauch und Missbrauchern zu stellen - egal wie schmerzlich dieser Prozess sein mag. Hier ist es wirkungsvoll. Auf eine erschreckende und unvergessliche Weise."



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