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Francesco Rosi
Francesco Rosi
© BANG Showbiz

Cannes-Gewinner Francesco Rosi gestorben

Regisseur sozial engagierter Dramen

Der italienische Regisseur Francesco Rosi, der für seine sozial engagierten und die Korruption in seinem Heimatland beschreibenden Dramen bekannt war, ist am Samstag mit 92 Jahren in seinem Heim in Rom gestorben. Todesursache sollen die Folgen einer Bronchitis gewesen sein.

Rosi wurde am 15. November 1922 in Neapel geboren. Er begann Ende der Vierziger im Filmgeschäft als Assistent von Regisseur Luchino Visconti und schrieb in den Fünfzigern Drehbücher. 1958 gelang es ihm, gleich mit seinem Regiedebüt - zuvor hatte er bei zwei Spielfilmen die Co-Regie übernommen - groß herauszukommen, als sein Drama "La sfida" (zu deutsch: Die Herausforderung) den Spezialpreis der Jury bei den Filmfestspielen von Venedig errang.

Hatte sich "La sfida" mit den Bemühungen eines Zigarettenschmugglers, den Früchtehandel seiner Region unter Kontrolle zu bekommen, gedreht, so blieb Rosi in seinen folgenden Filmen dem Thema von Kriminalität, Korruption und Macht treu. Der Kriminalfilm "Wer erschoss Salvatore G.?" von 1962 befasste sich mit dem Ringen des organisierten Verbrechens im Nachkriegs-Sizilien. Der Kriminalfilm erhielt den Silbernen Bären auf der Berlinale. 1963 folgte Rosi's bekanntester Film "Hände über der Stadt". In diesem Drama mit dem Hollywood-Star Rod Steiger widmete sich der Filmemacher den korrupten Grundstücksspekulanten und Politikern in seiner Heimatstadt Neapel. Hierfür erhielt er den Goldenen Löwen der Filmfestspiele von Venedig.

Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte er 1972, als sein Drama "Der Fall Mattei" die Goldene Palme beim Festival in Cannes erhielt. Der Film untersucht die wahren, ungeklärten Umstände des Kriegshelden und mächtigen Öl-Managers Enrico Mattei, der 1962 bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Dabei webt der Film Rosi-typisch Themen wie Kapitalismus, Weltwirtschaft und das Wirken der Ölkonzerne ein. Ein Jahr später widmete er sich dem legendären Mafia-Boss Lucky Luciano im gleichnamigen Drama. Hier ist Luciano bereits aus den Vereinigten Staaten abgeschoben worden und zieht auf Sizilien einen großen Heroinhandel auf. Der damals führende Drogenbekämpfer Charles Siragusa, der in der Realität Luciano's größter Widersacher gewesen war, spielt sich selbst im Film.

In "Christus kam nur bis Eboli" von 1979 zeichnete Rosi die Zeit des Faschismus in Italien am Beispiel eines Künstlers nach, der ins ländliche Kampanien im Süden Italiens verbannt wird. Sein Drama "Drei Brüder" über das Trauern dreier ungleicher, entfremdeter Brüder, die der Tod der Mutter wieder zusammenführt, von 1981 erhielt eine "Oscar"-Nominierung als "Bester nicht-englischsprachiger Film". Große Popularität errang Rosi auch 1984 mit seiner Verfilmung der Oper "Carmen", in welcher der Opernsänger Placido Domingo die Hauptrolle übernahm. Diese wurde als "Bester nichtenglischsprachiger Film" für einen Golden Globe nominiert.

Es folgten noch die Adaption eines Romans von Gabriel Garcia Marquez, "Chronik eines angekündigten Todes", 1987 mit dem Engländer Rupert Everett in der Hauptrolle, sowie 1997 das Drama "Die Atempause" mit dem Amerikaner John Turturro als Schriftsteller und Holocaust-Überlebender Primo Levi. Für beide Produktionen nominierte ihn Cannes nochmal jeweils für eine Goldene Palme.

Es folgten Preise für sein Lebenswerk, so beispielsweise bei der Berlinale 2008 - die nochmals 13 seiner Filme aufführte - oder in Venedig 2012. Alberto Barbera, der Vorsitzende der Biennale, pries Francesco damals für seine "absolute Unerbittlichkeit in der historischen Rekonstruktion - niemals irgendwelche Kompromisse auf der politischen oder ethischen Ebene eingehend, kombiniert mit fesselnden Geschichten und prächtigen Bildern."

Rosi selbst erklärte in einem Interview mit "Variety" im Jahr 2012: "Ich habe immer den Drang verspürt, ein Kino zu machen, das die Realität der Dinge zu verstehen hilft. Die Realität von Politik, Wirtschaft und der Verbrecherbanden, die alle eng miteinander verbunden sind. Diese Verbindungen sind heute noch schlimmer als vor fünfzig Jahren und beunruhigender."

Francesco Rosi hinterlässt seine Tochter, die 48 Jahre alte Schauspielerin Carolina Rosi. Seine Frau Giancarla Mandelli, mit der er fast 50 Jahre verheiratet gewesen war, starb bereits 2010 mit 83 Jahren. Er wird heute mit einer Gedenkfeier in der Casa del Cinema in Rom geehrt.


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