
Kritik: Rosetta (1999)
Zusammen mit ihrer alkoholkranken Mutter lebt Rosetta in einer Wohnwagensiedlung, am untersten Ende der gesellschaftlichen Skala. Ihre Mutter hat sich mit diesem Platz bereits abgefunden. Rosetta dagegen hat sich noch nicht aufgegeben. Sie erwartet kein Mitleid oder Almosen. Alles was sie will ist eine ehrliche Arbeit. Für diesen Wunsch ist sie unermüdlich bereit fast jedes Opfer zu bringen.
Der Film ist beinah dokumentarisch gedreht. Die Handkamera bleibt permanent bei der Protagonistin und begleitet sie tagtäglich durch ihre Welt. Hautnah beobachtet der Zuschauer Rosetta durch das Auge der Kamera. Dabei verliert er jegliche Distanz und teilt Hoffnung wie Leid mit ihr.
„Rosetta“ zeigt ungeschminkt die zumeist verdrängte, aber existierende Armut mitten im reichen Europa. Der Film bemüht sich erfolgreich um Wahrhaftigkeit. Er erreicht dies unter anderem durch Verzicht auf Musik sowie auf künstliche Beleuchtung. Außerdem spielt er ausschließlich an Originalschauplätzen.
Wer sich auf diesen, nicht leichten, Film einlässt wird reich belohnt. Authentisch erzählt er vom Kampf der Schwächsten um Menschenwürde und ums tägliche Überleben. Doch wo Trostlosigkeit herrscht existiert nicht automatisch auch Hoffnungslosigkeit! Die goldenen Palmen von Cannes sowohl für den Film als auch für die Hauptdarstellerin Emilie Dequenne gehen daher völlig in Ordnung.
Frank Mählen