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FBW-Bewertung: Jojo Rabbit (2019)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Der Film von Taika Waititi ist eine Anti-Kriegs-Satire. Und für ein deutsches Publikum ist es sicherlich etwas gewöhnungsbedürftig zu sehen, wie sich hier ein neuseeländischer Drehbuchautor und Regisseur, basierend auf einer literarischen Vorlage, das Deutschland des Dritten Reichs vorstellt. Waititis gelungener Kunstgriff besteht dabei darin, dass er konsequent aus der Perspektive eines Kinders erzählt und sein Erzählkosmos nicht realistisch wirkt, sondern stattdessen aus Versatzstücken der Popmythologie zusammengesetzt wurde. Erzählt wird von einem kleinen deutschen Jungen, der ein begeisterter Hitlerjunge ist und dem der Führer immer dann, wenn er sich einsam fühlt, als imaginärer Freund erscheint. Sein Weltbild wird verändert, als er entdeckt, dass sich in seinem Haus ein jüdisches Mädchen versteckt. Taika Waititi inszeniert seinen Film am Anfang mit viel anarchistischem Witz und zeichnet seine Figuren als absurde Karikaturen. Doch später wird sein Ton immer ernster und einige der Figuren wie etwa die alleinerziehende Mutter des Protagonisten bekommen eine überraschende Tiefe, sodass ihr Schicksal sehr berührt. Bemerkenswert ist, wie fantasievoll in der Geschichte, die auf dem Roman ?Caging Skies? der Schriftstellerin Christine Leunens beruht, mit Fragmenten von etablierten Erzählmustern jongliert wird. Hitler als der imaginierte Freund des einsamen Jungen steht in der Tradition des Films MEIN FREUND HARVEY, während bei dem versteckten jüdischen Mädchen Anne Frank Pate gestanden hat. Ein europäischer Regisseur hätte diese Elemente wohl nicht so fantasievoll und unbeschwert vermischt wie Waititi. Sein Ansatz, vom Dritten Reich mit den Mitteln der Popkultur zu erzählen, bringt er bei seiner Musikauswahl sehr komisch auf den Punkt. So setzt er Songs von den Beatles, David Bowie und Roy Orbison ein, die die Künstler einst in deutscher Sprache eingespielt haben.



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