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FBW-Bewertung: Dieses bescheuerte Herz (2017)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Eine eigene Handschrift ist normalerweise eher kennzeichnend für Regisseure aus dem klassischen Arthouse-Bereich, doch auch Marc Rothemund ist es im Laufe der Jahre gelungen, eine Filmsprache, Erzählhaltung und ein Händchen für Stoffauswahl zu entwickeln, die seine Werke unverwechselbar machen. Auch sein neuester Film DIESES BESCHEUERTE HERZ nach dem gleichnamigen Bestseller von Lars Amend und Daniel Meyer ist dafür ein gutes Beispiel - und zugleich der Beweis dafür, dass sich gute Unterhaltung und Engagement keinesfalls gegenseitig ausschließen.

Mit einigen Abänderungen gegenüber der literarischen Vorlage, die aber allesamt im Dienst der Zuspitzung und Verdichtung stehen, erzählt der Film vom dem leichtlebigen und oberflächlichen Arztsohn Lenny (Elyas M?Barek), der verantwortungslos in den Tag hineinlebt, die Nächte in den Clubs durchtanzt und dersich herzlich wenig um seine Zukunft kümmert. Erst als er den sündhaftteuren Sportwagen nach einer weiteren durchzechten Nacht im väterlichen Pool versenkt, platzt diesem der Kragen: Ab sofort sind sämtliche Zuwendungen gestrichen, sofern Lenny nicht endlich Verantwortung übernimmt. Um dies dem nichtsnutzigen Filius beizubringen, verdonnert der Chefarzt seinen Sohn dazu, sich um den schwerkranken 15-jährigen David (Philip Noah Schwarz) zu kümmern, der vermutlich seinen 16. Geburtstag nicht erleben wird. Und so sieht sich Lenny plötzlich mit einer Welt konfrontiert, die so ganz andersist als seine eigene - eine Welt, in der Krankheit und prekäre Lebensverhältnisse, Trauer, Angst und Verzweiflung wie selbstverständlich dazugehören. Es wird eine Begegnung, die Lenny und sein Leben von Grund auf verändern wird. Aber auch David wird sich durch das Zusammentreffen mit Lenny verändern.

Marc Rothemunds stimmige Adaption des Buches ist ein gelungenes Beispiel für eine Tragikomödie, die dabei hilft, den Blick zu weiten auf Schicksale, die in unserer unmittelbaren Umgebung geschehen und die wir dennoch kaum wahrnehmen. Bei der Identifikation mit dem Geschehen hilft nicht nur Elyas M? Barek, der hier unter Beweis stellt, dass er neben eher leichten und komödiantischen Rollen auch nachdenklichere Zwischentöne beherrscht und mit Leben erfüllt. Neben ihm sind es aber auch Uwe Preuss als Lennys Vater, Nadine Wrietz als Davids Mutter und nicht zuletzt Philip Noah Schwarz als schwerkranker, aber lebensfroher Teenager, die einen gehörigen Anteil daranhaben, dass DIESES BESCHEUERTE HERZ berührt und zugleich unterhält. Auch wenn manche Wendung recht schnell passiert und Hindernisse vor allem dazu da sind, schnell überwunden zu werden, versteht es der Film dennoch zu überzeugen - auch weil er ein zu offensives Abzielen auf die Emotionen der Zuschauer gekonnt umschifft. Und selbst Davids anfangs irritierendes Verhalten, das dem distanzierten Zuschauer zunächst als recht naiv erscheint, erklärt sich durch die Isolation, die der Junge aufgrund seiner schweren Erkrankung erfahren muss.

Auch die treffsicheren Dialoge, eine exzellente Musikauswahl und die souveräne Kameraarbeit tragen dazu bei, dass DIESES BESCHEUERTE HERZ sich seinen Platz in der Zuschauergunst wird erobern können - und das völlig zurecht.




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