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FBW-Bewertung: Mit ganzer Kraft - Hürden gibt es nur im Kopf (2014)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Erzählt wird unter der Regie von Nils Tavernier, die Geschichte einer Familie, die zu Beginn der Filmhandlung nahezu am Ende ihrer Beziehung ist. Der Vater, überzeugend dargestellt durch Jacques Gamblin, wird arbeitslos. Die Mutter ist am Ende ihrer Kraft. Sie war und ist die allein Verantwortliche für die Betreuung ihres von Geburt an behinderten und nun siebzehnjährigen Sohnes Julién, der an den Rollstuhl gefesselt ist. Alexandra Lamy gelingt es hervorragend, die physische und psychische Anspannung, in der sie sich permanent befindet, sichtbar zu machen. Die Eltern hatten sich dieses Kindso sehr gewünscht, aber dem Vater, der sich im Beruf und in der Freizeit immer an Leistung, Stärke orientierte, schafft es nicht, Nähe zu seinem behinderten Sohn aufzubauen. Es kommt zu dramatischen Szenen, sehr glaubwürdig gestaltet, bis sich eine Veränderung abzuzeichnen beginnt. Es brennt förmlich und man ahnt, gleich könnte etwas explodieren, Dunkelheit und Licht widerspiegeln Gefahren. Am Ende des Filmes erlebt der Zuschauer dann eine Familie, die sich wieder gefunden hat. Es fasziniert, wie die Protagonisten sich auch in ihrem Aussehen, ihrer Mimik und Körpersprache verändert haben und wie die Kamera dies einfängt.
Von dem Tag an, als der Sohn im Internet entdeckt, dass ein anderer Vater mit seinem ebenfalls im Rollstuhl sitzenden Sohn an einem Ironman-Wettbewerb teilgenommen hat, beginnt der am Anfang mit der Kamera großartig eingefangene Rahmen sich inhaltlich weiterzu füllen. Der Film wird mit dem Massenstart des dreigeteilten Wettkampfes am Strand von Nizza eröffnet und endet mit diesen Bildern. Partiell entsteht hier ein Dokudrama mit vielen Szenen, in denen man Realität und Gespieltes, Wahres und Inszeniertes kaum unterscheiden kann. Beeindruckend ist auch, dass es trotz aller Dramatik dieses schwierigen Themas den Machern gelungen ist, so leichtfüßig zu erzählen. Dazu tragen die großen Leinwand füllenden Landschaftsaufnahmen ebenso bei wie die Musik und manche kleine, auch humorvolle Episode. Es wird ein Kammerspiel inszeniert, das sich fastausschließlich auf die drei Hauptfiguren konzentriert. Aber mit den wirklich hervorragend gelungenen Sportaufnahmen und sparsam eingefügten Nebenschauplätzen wird der Blick immer wieder auf die Außenwelt gerichtet. Es ist kein Sportfilm geworden und doch hat der Sport eine wichtige Funktion für diesen Film.




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