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FBW-Bewertung: Kleine Ziege, Sturer Bock (2015)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Kinder kriegen ist normalerweise ein langwieriger Prozess, doch das gilt nicht für den abgehalfterten Elvis-Imitator Jakob (Wotan Wilke Möhring), den die Vaterschaft ganz spontan und völlig unerwartet ereilt. Ein Anruf von der Opernsängerin Julia (Julia Koschitz), mit der er vor vielen Jahren einmal eine kurze Beziehung hatte ? und schon ist er verantwortlich für seine zwölfjährige Tochter Mai (Sofia Bolotina), die ihren Erzeuger unbedingt kennenlernen will. Der hat allerdings gerade einen Job angenommen, der ihn und einen sturen Schafbock von Hamburg nach Norwegen führt, wohin das Tier gebracht werden muss. Eine weite Reise, bei der genügend Zeit bleibt, den Nachwuchs so richtig kennenzulernen.

Man ahnt recht schnell, wohin die Reise das höchst unterschiedliche Vater-Tochter-Gespann führen wird, denn von Anfang an sind die Kontrastierungen zwischen den beiden so deutlich angelegt, dass kaum ein Zuschauer Zweifel daran hegen dürfte, dass sich das Ganze am Ende in Harmonie und Wohlgefallen auflösen wird. Hier die verwöhnte Tochteraus gutem Hause, die selbst auf eine Ausflugsfahrt mit einem streng riechenden Schafbock ihr Cello mitnimmt, dort der mehr oder minder sympathische Lebenskünstler, der keinerlei Wert auf sein Äußeres legt und der stattdessen munter in den Tag hineinlebt, bis er an sich eine neue Seite als Vaterkennenlernt. Und als weitgehend unsichtbare Dritte die Übermutter, die jeden Schritt des Nachwuchses per NSA-App nachverfolgt. Es ist vor allem dem wie stets authentisch agierenden Wotan Wilke Möhring und der ebenbürtig aufspielenden Sofia Bolotina zu verdanken, dass der Plot trotz einer gewissenVorhersehbarkeit gut funktioniert und unterhält.

Der eigentliche Star des Films ist aber sowieso ein anderer:?Gustl?, so heißt der Darsteller des titelgebenden sturen Bocks mit musikalischer Empfindsamkeit. Hinzu kommen wunderschöne Landschaftsaufnahmen von Skandinavien und eine abendliche Szene mit Aufnahmen der Nordlichter, die zu den Highlights des Films gehören. Auch die Einstiegssequenz mit einer sehenswerten Parallelmontage zwischen zwei musikalisch höchst unterschiedlichen Darbietungen gehört zu den Höhepunkten dieser überwiegend gelungenen Mixtur aus Road Movie, Familiendrama und Komödie.



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