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FBW-Bewertung: Das Geständnis (2016)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Die Berliner Morduntersuchungskommission der DDR im letzten Jahr des Regimes muss sich dem Dilemma widmen, Verbrechen zu ermitteln, die offiziell in der DDR nicht möglich sind. Die Kommission ist untereinander zerstritten, denn Parteigänger und Regimekritiker müssen täglich zusammenarbeiten. In diesem personellen Mikrokosmos, der sich als Kammerspiel entfaltet, wird der agonale Zustand der DDR in der Endphase der 1980er Jahre deutlich.
Regisseur und Hauptdarsteller Bernd Michael Lade nutzt in der Lichtgestaltung, in Kameraperspektiven und Musikeinsatz Elemente des Kriminalfilmgenres, gewinnt daraus jedoch eine eher artifizielle Gesamtwirkung, die den modellhaften Charakter der Inszenierung betont. Er nutzt diese Stilmittel als eine künstlerische Verdichtungsform, mittels derer er das Leben in der DDR spürbar macht: zwischen Arbeit und Partei.
Der Besprechungsraum fungiert hier als metaphorischer Raum, in dem das Abwägen von Dogmen und Aufklärungsarbeit zur Hauptbeschäftigung wird. Dabei erscheint das Geschehen im benachbarten Verhörraum gradliniger als im Besprechungszimmer. Oft werden verkantete Perspektiven eingenommen, als blicke man auf einer Welt aus den Fugen. Achssprünge treten dann beim Stasi-Anwerben ins Zentrum.
Mit intensiven darstellerischen Leistungen vermittelt der Film ein intensives Zeitbild und geht inszenatorisch undästhetisch einiges Risiko ein, um eine bestimmte Disposition zu erschaffen. Letztlich - so vermittelt der Film - ist Aufklärung der grundlegende Aspekt des Demokratieverständnisses.
Der künstlerisch mutige und konsequente Film DAS GESTÄNDNIS unterscheidet sich wohltuend von den etablierten und entweder dämonisierenden oder nostalgischen Filmen über die DDR. Er vermittelt auf komplexe und herausfordernde Weise eine wichtige Perspektive auf die deutsch-deutsche Vergangenheit.



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