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FBW-Bewertung: Wunder (2017)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Weil der 10-jährige Auggie Pullman mit schweren Gesichtsdeformationen zur Welt gekommen ist, hat ihn bislang seine Mutter zu Hause unterrichtet. In der 5. Klasse soll das anders werden. Seine Eltern haben ihm eine nette Schule in der Nachbarschaft ausgesucht und hoffen, dass sich Auggie dort wohl fühlen wird.Aber auch nach vielen Operationen fällt er immer noch auf.

WUNDER erzählt die Geschichte des blitzgescheiten August Pullman, der sich das erste Mal in seinem Leben ganz alleine behaupten muss. Für seinen Spielfilm spielt Regisseur Stephen Chbosky auf der vollen Klaviatur des Herzensdramas und es funktioniert. In der Diskussion zeigte sich die Jury positiv überrascht ob der Akkuratesse und Perfektion, mit der Chbosky WUNDER inszeniert hat. Die Kamera ist exakt, der Film auf den Punkt geschnitten und der Score - obgleich manchmal mit einem Hauch Kitsch versehen - sensibel eingesetzt.

Natürlich hat es Auggie Pullamn an der neuen Schule nicht leicht, dazu ist sein Aussehen zu außergewöhnlich. So sehr der Film um Auggies kleinen Kosmos kreist, Chbosky hat nicht vergessen, sich auch um die Gefühle von Familie und Freunden zu kümmern. In mehreren Stories werden sie und ihre Gefühle eingeführt, allerdings, und das hat der Jury sehr gut gefallen, ruht der Fokus niemals ausschließlich auf nur einer Person. Die Szenen sind durchlässig, zusammenhängend, und ganz und gar nicht episodenhaft. WUNDER bremst den Erzählfluss niemals aus und macht dadurch leicht verständlich, wiesich der Familien- und Freundeskreis mit Auggies Leben arrangiert. Anders als thematisch ähnlich gelagerte Filme hat die Jury WUNDER weder als rührselig noch als manipulativ empfunden. Der Film ist genauso würdevoll wie witzig, gefühlvoll und lebensbejahend und nicht weniger wichtig: er verstehtsich auf Andeutungen. Auggie wird mit zehn Jahren in ein neues Leben gestoßen und muss versuchen, damit klar zu kommen. Und natürlich stößt er auch auf einige Rüpel an seiner Schule.
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Chbosky will all die unterschiedlichen Gefühle abbilden, die Auggie und seine Umwelt durchleben. Und das schafft er auch. Die Jury hat Chboskys Fähigkeit bewundert, glaubwürdig und tiefgründig besonders auf die kindliche Psyche einzugehen. Dass er dabei manchmal auch einen liebevollen Gag mitliefert, wertet die Jury als zusätzlichen Bonuspunkt.

Auch die Besetzung hat der Jury gefallen. In der Tat kann Chbosky auf einen ausgezeichneten Cast zurückgreifen. Neben dem ?natural wonder?, dem 10-jährigen Jacob Tremblay als Auggie, sind es Julia Roberts und Owen Wilson, die sich als dessen Eltern prächtig ergänzen. Während Roberts, als Auggies Mutter, nach 10 Jahren Aufopferung großartig zeigt, dass im Zweifelsfall sie die Hosen in derFamilie an hat, versucht Wilson als Vater, unangenehme Situationen immer mal durch einen kleinen Scherz zu retten. Den vielleicht schwierigsten Part aber hat die 16-jährige Izabela Vidovic übernommen. Als Auggies ältere Schwester demonstriert sie, was es heißt, sich zurücknehmen zu müssen, weil jemand in der Familie mehr Zuwendung braucht. Viel Gefühl, gut gezeichnete Charaktere, wunderbar anzusehen und glaubwürdig gespielt.

Nur am Schluss fällt die Inszenierung ein wenig ab. Im Gegensatz zu den vorangegangenen knapp 100 Minuten verzichtet Chbosky dort auf Leerstellen, formuliert stattdessen - ganz ohne Brüche, ganz ohne Ironie und Distanz - überdeutlich aus, was zuvor nur angedacht war. Dennoch ist WUNDER ein echtes Feel-Good-Movie, dem die Jury nach ausführlicher Diskussion gerne das Prädikat ?besonders wertvoll? verleiht.




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