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FBW-Bewertung: HERRliche Zeiten (2018)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: In der sich dem Film anschließenden Jury-Diskussion meinte ein Mitglied: Diese Geschichte ist schon etwas umständlich erzählt. Und tatsächlich braucht der Film schon seine Zeit, bis er Fahrt aufnimmt und zu seinem bösen Ende kommt. Doch wenn man genau hinschaut, graben sich Oskar Roehler und sein Drehbuchschreiber Jan Berger mit gut dosierten Nadelstichen ins Gemüt der Zuschauer, die neben dem teilweise irritierenden Spiel mit Extremen eine gehörige Portion aktueller Politik- und Gesellschaftskritik geliefert bekommen.
Da fällt der Landschaftsgärtnerin Evi nach der betrüblichen Erfahrung eines geplatzten Superauftrages buchstäblich eine Leiche um die Ohren. Depressiv legt sie sich ins Bett, liebevoll gepflegt von ihrem Gatten Claus, einem nicht sehr erfolgreichen Schönheitschirurgen. Und man muss sich schon fragen, wie die Beiden zu der stolzen Villa mit wundervollem Parkgelände gekommen sind und wer eigentlich die Kohle für das luxuriöse Leben anschafft. Da schneit ihnen Bartos und seine Ehefrau Lana ins Haus, die sich freiwillig mehr als häusliche Sklaven denn als Haushaltshilfen anbieten. Spätestensdann wird der geneigte Zuschauer ahnen, dass da etwas ?faul im Staate Dänemark? ist, was die Geschichte dramatisch zuspitzt und letztlich zur Auflösung eines bösen Komplotts führt. Da kommen dann zum Bau des ersehnten und noch fehlenden Pools im Garten ein Dutzend unterbezahlter bulgarischer Arbeiter ins Spiel und der Sohn eines ehemaligen irakischen Sadam-Gefolgsmannes ist als Nachbar nicht nur für rauschende Partys zuständig, sondern hilft auch in der Not mit Rat und Tat bzw. Gewalt.
Die Charaktere sind gut besetzt, wobei Katja Riemann mit vollem Einsatz und extremem Spiel zuüberzeugen vermag und Oliver Masucci den leicht debilen Ehemann konsequent umsetzt. Und selten wurde ein perfekter Butler so gut gespielt wie von Samuel Finzi. Eine gute Kamera und ein perfektes Set-Design und die sehr passende Ausstattung mit toller Kleiderordnung sind weitere positive Merkmale des Films.
Nimmt man die offensichtlichen kritischen Bezüge zu Politik und satter Wohlfahrtsgesellschaft im Kontrast der teils absurden teils makabren Geschichte als pure Satire, so hat Oskar Roehler sein beabsichtigtes Ziel wohl erreicht. Aber etwas mehr Schrilles und auch etwas mehr Leichtigkeit und Tempo hätte sich die Jury dann aber doch noch gewünscht.




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