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FBW-Bewertung: Being Mario Götze (2018)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Rahn, Müller, Brehme, Götze ? die vier Fußballer schrieben Sportgeschichte und brannten sich tief ins kollektive Gedächtnis der Deutschen ein. Ihnen gelang, wovon jeder Fußballer träumt. Im Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft schossen sie ihre Mannschaft zum Sieg.
Dieser sehenswerte Dokumentarfilm nähert sich dem Sportler Mario Götze. In 22 Interviews öffnete sich der Fußballer dem Regisseur und langjährigen Begleiter Aljoscha Pause. Die Gespräche kompilierte Pause mit umfangreichem Archiv-Material zum fußballerischen Werdegangs Götzes, bei dem die wichtigsten Tore nicht fehlen. Statements von Familie, sportlichen Weggefährten, Trainern, Ärzten und Journalisten ergänzen den informativen Dokumentarfilm, der aus einer mehrstündigen Serie auf dem Sport-Streaming-Dienst DAZN entstand.
Über das Einzelschicksal hinaus weitet der Regisseur beim Besuch Götzes im Dortmunder Fußballmuseum den Blick auf die gesellschaftspolitische Stellung des Fußballs. Der Film folgt dem Sportler in zwei Strängen, die stilsicher und mit guten Gefühl für Rhythmus und Abwechslung miteinander vermischt werden. Zum einen folgt er dem sportlichen Werdegang des Jahrhunderttalents des deutschen Fußballs von den ersten Versuchen mit dem Ball im Kreise seiner beiden Brüder im Garten der Eltern. Der fußballerische Instinkt Götzes und seine Ballbeherrschung wurden in Dortmund früh entdeckt undgefördert, wobei die Zusammenarbeit mit Jürgen Klopp ein Glücksfall für den Sportler wurde. Der Trainer holte Götze schon als Schüler in die erste Mannschaft und baute ihn behutsam auf.
Ein sensibles Jahrhunderttalent wie Götze braucht offenbar einen adäquaten Ansprechpartner auf der Trainerbank, das macht der Film klar. Sein überraschender Wechsel zu Bayern München 2012 wird zum Wendepunkt in der Karriere des Fußballers, für den es bis dato nur bergauf ging. Mit der Enttäuschung der Fans über diesen als Verrat empfundenen Wechsel weitet der Film zweite Mal den Blick auf die gesellschaftliche Dimension des Fußballs, in dem er die Desillusionierung der Fans angesichts der Kommerzialisierung des Fußballs in den vergangenen Jahren sowie der irrwitzigen Ablösesummen und Spielergehälter benennt.
Im zweiten Strang des Films reflektiert Götze das Bangen zwischen seinem Comeback im Dress der deutschen Nationalmannschaft nach seiner schweren Stoffwechselerkrankung im November 2017, über die erneute Verletzung bis zur Nominierung des Teams von Joachim Löw für die WM in Russland, bei der Götze nicht dabei war.
Erstmals wird so umfangreich in derÖffentlichkeit über die Ursachen seiner Krankheit gesprochen. Der Film kommt Götze, dessen Interviews bei Journalisten oft als glatt und wenig aussagekräftig gelten, erstaunlich nahe. Der Fußballer wirkt reflektiert, hat sich offensichtlich auf die einzelnen Gespräche vorbereitet, doch ganz öffnet er sich auch in diesem Film nicht. Einen Blick in seine Seele gibt dafür die Einrichtung seines Hauses in Dortmund, die glatt und wenig persönlich wirkt. Sich selbst, so scheint es, hat Mario Götze noch nicht gefunden.
Die Jury verleiht dem Film einstimmig das Prädikat ?Wertvoll?.




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