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FBW-Bewertung: Atlas (2018)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Der 60jährige Walter, ehemals Gewichtheber und seit 30 Jahren Möbelpacker für Zwangsräumungen, ist ein verschlossener Einzelgänger. Er ignoriert seine zunehmenden Schmerzen, die ihm der Knochenjob bereitet, ebenso wie die Leiden der Mietschuldner, in deren Privatsphäre er täglich eindringt. Bei einer Zwangsräumung trifft er auf seinen Sohn Jan, zu dem er seit Jahrzehnten keinen Kontakt hatte, ohne sich ihm erkennen zu geben. Jan gelingt es zunächst mit einem Gerichtsbeschluss die Räumung zu verhindern, doch der Altbau in bester Lage ist Spekulationsobjekt im Besitz eines kurdisch-libanesischen Klans, dem jedes Mittel recht ist, um die letzten Mieter zu vertreiben. Der Versuch Walters, die drohende Gefahr von Jan und dessen Familie abzuwehren, endet in einer Katastrophe.

Der Debütfilm von David Nawrath, der zusammen mit Paul Salisbury das Drehbuch geschrieben hat, ist dramaturgisch klug gebaut und handwerklich gut umgesetzt. Der Film entwickelt eine große emotionale Wucht und wirft einen genauen Blick auf ein Milieu, das nicht oft erzählt wird. Das symbolträchtige Bilddes ?Atlas? wird gleich zu Beginn eingeführt, wenn sich Walter einen Schrank auf den Rücken bindet und damit mühsam die Treppen hinabsteigt ? er trägt die Last der Welt. Der Film, der sich vom Drama zum Thriller entwickelt, erzählt viel über Bilder und Blicke. Nichts geschieht ohne Grund, wobei keine Wendung konstruiert wirkt. Die Figuren sind bis in die Nebenrollen hervorragend besetzt, allen voran Rainer Bock als Walter und Thorsten Merten in der ambivalenten Figur des Gerichtsvollziehers. Kamera, Ausstattung, Schnitt, Ton und Musik harmonieren hervorragend miteinander in diesem sehenswerten Männerdrama. Die Jury verleiht ATLAS das Prädikat ?besonders wertvoll?.



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