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FBW-Bewertung: 800 mal einsam - Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz (2019)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Ein Tag mit undüber den Filmemacher Edgar Reitz. Ort der Gespräche mit der jungen Filmemacherin Anna Hepp: Die legendäre Essener Lichtburg. Fasziniert blickt Edgar Reitz auf die 800 leeren Kinositze im Prachtbau - Synonym für ihn für den Kampf um die Kinobesucher und auch die Schwäche des deutschen Films seit er vor 57 Jahren mit jungen Kolleginnen und Kollegen das Oberhausener Manifest proklamierte? Wie sagt er dazu: ?Wir forderten damals Freiheiten für den Film ? Unabhängigkeit von den Klischees und Vorstellungen der Branche. Diese Freiheiten würden auch dem heutigen Film sehr gut tun.? Ortswechsel für die Gespräche: Der Essener Baldeneysee ? Synonym für diese von ihm geforderte Freiheit?
800 MAL EINSAM ist nicht nur ein Porträt über Edgar Reitz, eine Dokumentation. Vielmehr ist es ein filmisches Essay, ein Experiment. Anna Hepp zeigt deutlich, wie sehr sie Edgar Reitz verehrt und wie wichtig ihr die Beziehung zu ihm ist. In vielen Szenen sitzt sie neben ihm, beobachtend, fragend, kommentierend. Und Edgar Reitz öffnetsich erstaunlich freimütig und man kommt ihm sehr nahe. Er spricht über das Filmemachen und was es bedeutet, Künstler zu sein. Er spricht über 50 Jahre Arbeit für seine Filme, bei denen letzten Endes nur drei Jahre wirklich Filmen bedeutete. Film ist nicht nur Abbild der Wahrheit, sondern auchdes Augenblicks. Das Leben ist aber durch die Endlichkeit bestimmt und ein Verweilen unerfüllbar, so spricht er. Mit der HEIMAT geht er auch in seine eigene Herkunft, vielleicht seinem Sehnsuchtsort, so wie das Kino auch ein Sehnsuchtsort zu sein vermag. Er sagt, dass er aus dem Privaten, dem Persönlichen seine Kreativität schöpft. Erstaunlich die Offenheit der jungen Filmemacherin gegenüber, der er Vorbild sein kann und Motivation gibt.
Szenische Aufbereitung, Kameraführung und Montage gehen über die sonst übliche Form eines Porträts hinaus. Ausschnitte aus dem Werk von Edgar Reitz sind spärlich und Anna Hepp geht auch damit spielerisch um. Sie überspitzt, sie verfremdet und sie versucht, die vom Meister geforderte Freiheit und das Loslassen von Klischeesexperimentell bildlich und in der Montage umzusetzen. Eine Form, die manchen Zuschauer befremden wird. Durch die leere Lichtburg, die man als Stillstand interpretieren kann, rennt dann das Team zu neuer Freiheit und neuen Taten. Die Jury zeichnet dieses ungewöhnliche Porträt eines großen Filmemachers mit dem Prädikat ?wertvoll? aus.



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