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FBW-Bewertung: Mission Ulja Funk (2021)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.

In einer konservativen Freikirchengemeinde aufzuwachsen kann schon ganz schön schwierig sein, besonders wenn man naturwissenschaftlich einiges auf dem Kasten hat. Irgendwo im Nordrhein-Westfälischen lebt Ulja Funk. Ulja ist in ihrer Klasse vielleicht nicht sonderlich beliebt, aber sie ist mega-intelligent. Immerhin hat sie den Aufschlagplatz eines Asteroiden vorausberechnet, etwas, das nicht einmal echte Forscher geschafft haben. Dummerweise will ihr kaum jemand glauben, weder ihre Eltern noch ihre Freikirchengemeinde und schon mal gar nicht das heimliche Familienoberhaupt, Oma Olga. Die ist sich nämlich ziemlich sicher, dass niemand ein Mädchen heiraten will, das schlauer ist als ein Mann. Und darum sorgt sie dafür, dass Uljas Computer und alles technische Equipment verschwindet. Aber von so etwas lässt Ulja sich nicht aufhalten.

Barbara Kronenberg hat ein genauso amüsantes wie spannendes Roadmovie auf die Leinwand gebracht, das ? so viel sei vorweg genommen ? auch der erwachsenen Jury sehr viel Vergnügen bereitet hat. Wenn man vom etwas überhasteten Einstieg absieht, dann ist MISSION ULJA FUNK etwas ganz Besonderes, was sehr schwer zu erreichen ist: eine rundum geglückte deutsche Familienkomödie.

Tatsächlich, so zeigte die Diskussion, hat der überdrehte, zu klamaukig inszenierte Auftakt die Jury zunächst ein wenig misstrauisch gemacht. Aber der anfänglichen Skepsis folgte ziemlich schnell das Gefühl angenehmster Unterhaltung. Ulja will zum berechneten Zeitpunkt am Absturzort ihres Kometen sein. Das Problem: Sie ist erst 12 und der Aufschlagpunkt liegt in Weißrussland. Aber wenn sich Ulja etwas in den Kopf gesetzt hat? Mit Köpfchen und reichlich Girlpower geht sie das Problem an. Sie überzeugt den 13jährigen Henk, sie zu fahren. Der kann zwar nicht viel, aber er versteht mit Autos umzugehen. Und so machen die Beiden sich im ausgedienten Leichenwagen auf den Weg nach Belarus. Ihnen immer auf den Fersen ist nicht nur Oma Olga, sondern auch die Kirchengemeinde mitsamt Pastor und natürlich Uljas Eltern.

Kirche, Wissenschaft, familiäre Bande, in MISSION ULJA FUNK kommt niemand wirklich ungeschoren davon. Aber ? und das hat die Jury goutiert ? der Film droht nie ins Zügellose abzugleiten. Gekonnt umschifft Barbara Kronenberg immer wieder die Klippen gängiger Klischees und bourgeoiser Filmkonventionen. Mit wirklich gut gesetzten Pointen schafft sie es, auch hartnäckige Vorurteile ins Gegenteil zu verkehren. Immer wieder nutzt sie kleine Twists, um mit leichter Hand mit gängigen Stereotypen und Voreingenommenheit aufzuräumen. Da werden polnische Drängler zu liebevollen, werdenden Vätern in spe und eine Gruppe Nonnen mutiert von der klerikalen Randerscheinung zur praktischen Helferinnengruppe in der Not.

Gewandt und mit viel Schwung führt Barbara Kronenberg die Zuschauer durch den Film. Dass ihr trotz immer neuer Wendungen die Zügel niemals aus der Hand gleiten, spricht für ihre Klasse. MISSION ULJA FUNK ist ein genauso frecher wie leidenschaftlicher Film, eine irrwitzige Komödie und ein Statement für Girlpower, dass seinesgleichen sucht. Ein spritzig-intelligentes Filmvergnügen, dem die Jury wirklich gerne das höchste Prädikat verleiht.



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