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FBW-Bewertung: Undine (2020)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Es gibt nicht allzu viele Filmemacher*innen in Deutschland, die in ihrem Gesamtwerk eine solch klare Handschrift in Bezug auf Form und Motive entwickelt haben, dass man ihre Arbeiten unter Hunderten exakt zuordnen könnte. Christian Petzold ist ein solcher Regisseur, der seit vielen Jahren mit demselben kreativen Kernteam eine Art des Filmemachens entwickelt hat, die immer wieder aufs Neue fasziniert. Mit enormer Eleganz in Bild und Dramaturgie und einer zur Perfektion verdichteten Erzählökonomie finden seine Filme transparente Schnittstellen zwischen Realismen und Phantasmen. Wie präzise die Gewerke diese Erzählökonomie gemeinsam herstellen, zeigt in UNDINE gleich die erste Szene. In einfachstem, aber in jedem Detail hochgenau erzähltem Schuss-Gegenschuss-Verfahren eröffnet Undines Freund ihr seine Trennungsabsicht. Ohne Vorspiel setzt der Film in diesen Augenblicken präzise seinen Ton und weist im Dialog ohne Umschweife auf seine lose Vorlage, die mythologische Figur der nymphenähnlichen Undine, die nur in Partnerschaft aufblüht und untreuen Partnern den Tod beschert. Im weiteren Verlauf des Films wird auf unterschiedlichen erzählerischen und visuellen Ebenen mit Motiven dieser Vorlage gespielt. Dabei stoßen Elemente der realen Erzählebene auf magische Momente und eröffnen zahlreiche Assoziationsräume für die Zuschauer. Der stellenweise Einzug des Mythologischen in die Erzählung und in die wunderbaren Bilder sowie der spannende Einbezug der Topografie Berlins weisen dabei auf Metaebenen, die den Film überquellen lassen vor Deutungsansätzen und Anspielungen. Im Kern aber bleibt UNDINE ein hingebungsvoller Liebesfilm, perfekt inszeniert, gespielt und umgesetzt, dessenAusflüge in die Abstraktion keine Pose sind, sondern kluge Ergänzungen einer herausragenden sinnlichen Erfahrung.



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