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FBW-Bewertung: Weihnachten im Zaubereulenwald (2020)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat wertvoll verliehen.

Der estnische Weihnachtsfilm der Regisseurin Anu Aun rückt zwei Themen in den Mittelpunkt, mit denen sich zurzeit junge Menschen weltweit intensiv beschäftigen. Es sind zwei Umstände, unter denen sie leiden, ohne im Geringsten an ihrer Ursache beteiligt zu sein. Da ist zum einen die dysfunktionale Familie als immer wiederkehrender Topos jugendlicher Verunsicherung und zum anderen der andauernde Raubbau der Erwachsenen an Klima und Umwelt. Spätestens seit den erfolgreichen Aktionen der Initiative ?Fridays for Future? stellt aktuell mehr denn je die Rettung der Natur ein wichtiges Ziel dar im Denken von Kindern und Jugendlichen. Die Protagonistin des Films sieht sich genau mit diesen beiden Themenfeldern konfrontiert und setzt sich zum Ziel, beide Anliegen zu lösen: Vater und Großvater zu versöhnen sowie den Zaubereulenwald vor der Rodung zu retten. In der Voraussetzung also trifft Auns Film sehr genau universelle Interessen einer internationalen, jugendlichen Zielgruppe und schafft eine handlungsstarke, weibliche Hauptfigur, die am Ende sich, die Familie und die Natur rettet, also eigeninitiativ fremdverschuldete Missstände beseitigt. Ein starkes Signal des Films, Kinder und ihre Sorgen ernst zu nehmen.
In der Umsetzung allerdings wirkt das eine oder andere recht konstruiert und in der angestrebten Harmonie süßlich. So erscheinen alle vermittelten Werte im moralischen Sinne immer komplett ?richtig? in einer offenbar plastikfreien Filmwelt, in der die Nutzung digitaler Geräte und Errungenschaften nicht nur beschränkt wird, sondern geradezu verpönt erscheint. Auf der Bildebene reihen sich hochwertige Natur- und Tieraufnahmen zu Bildern naturverbundener Wohnidyllen, inszeniert in ihrer perfekten Schönheit oft wie aus der Werbewelt. Die Konflikte lösen sich sehr leicht, und insbesondere die Figuren im Zaubereulenwald, von jeglichen sozialen Kontexten befreit, lassen wirkliche Ambivalenz vermissen ? insbesondere der Antagonist fällt recht schlicht aus. Für einen Film, der in seiner Erzählstruktur sich klar an gelebter Realität orientiert, wirken diese Elemente teilweise konstruiert.
Davon abgesehen überzeugt der Film dennoch als Weihnachtsfilm. So gehört WEIHNACHTEN IM ZAUBEREULENWALD zu den wenigen Filmen seiner Art, die Weihnachten weder aus einem christlich noch US-amerikanisch geprägten Blickwinkel heraus beschreiben und entsprechend auf Symboliken wie Marienbildnisse, Krippenbilder oder Weihnachtsmänner verzichten. Der Blickwinkel hier wirkt eher wie ein folkloristischer, der geprägt ist von traditionellen Elementen aus Familienpflege und Gemütlichkeit.



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