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FBW-Bewertung: Coup (2019)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Ist das Wahrheit oder Fiktion? Was für eine Geschichte erzählt COUP eigentlich? Und kann man dem ständig amüsierten Erzähler dieser Geschichte überhaupt trauen? Geschickt balanciert Sven O. Hill in seiner höchst amüsanten und mit viel Hamburger Lokalkolorit ausgestatteten Gaunerkomödie COUP auf halber Strecke zwischen scheinbar Dokumentarischem und charmant Inszeniertem.
Angesiedelt in den 1980er Jahren, erzählt der Film den angeblich wahren Fall eines ganz einfachen Betrugs, bei dem ein kleiner Bankangestellter, Vater und Freizeit-Rocker (sehr authentisch gespielt von Daniel Michel) eine Sicherheitslücke bei einer Privatbank ausnutzt und mehrere Millionen D-Mark auf die Seite schafft. Die Beute wird auf mehreren Nummernkonten geparkt, doch die anschließende Flucht nach Australien entwickelt sich anders als geplant, da die Familie partout nicht nachziehen will.
Dass der Film auf dem schmalen Grat zwischen Realität und Fiktion wandelt, ist nicht allein der schauspielerischen Leistungen und der gekonnten Inszenierung zu verdanken, sondern auch einem exzellenten Szenen- wie Kostümbild und einer ausgeklügelten Farbgebung, die die Bilder mit einer sehr echt wirkenden Patina und einem Grauschleier versieht.
Ebenfalls bemerkenswert ist die Lässigkeit und Lakonie, die den Film durchzieht und die ihn in die Nähe großer skandinavischer Komödien rückt. Dazu passt auch der Look des Films und sein recht eigentümlicher Rhythmus, sowie die Animationen, die dem Film etwas gewollt Skizzenhaftes geben - gerade so, als zeichne hier die Kamera tagebuchartig die Geschichte nach. Und zugleich, so vermutet die Jury, füllen sie die Lücken, die durch die Beschränkung der Drehorte entstanden sind. Der Film COUP erzählt mit einer sympathischen Unfertigkeit und einer selbstverständlich wirkenden Lässigkeit.
Außergewöhnlich ist auch, wie virtuos sich der Film der herkömmlichen Figurenzeichnung entzieht, nach der eine Hauptfigur stets einen Wandel (zum Besseren meist) vollziehen muss. Der sympathische Kleingauner hingegen bleibt stets derselbe und bedauert am Ende allenfalls, nicht schlauer und umsichtiger zu Werke gegangen zu sein. Das ist zwar moralisch nicht ganz einwandfrei, entspricht damit aber der wahren Geschichte.
Eine überaus gelungene Slacker-/Gaunerkomödie aus Deutschland mit viel Lokalkolorit und Schlitzohrigkeit ? lange her, dass man so etwas gesehen hat.



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