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FBW-Bewertung: Dear Future Children (2021)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: ?Fear is the biggest weapon against us?, sagt Pepper, die Protagonistin aus Hongkong, in Vorbereitung auf ihren nächsten Einsatz auf der Straßendemonstration für den Erhalt der Demokratie. Sie sagt damit einen Satz, der sowohl zentral für die Protagonistinnen des Films steht als auch für unsere Gesellschaft ganz allgemein. Die Angst zu überwinden und sich für die eigenen Überzeugungen auch gegen Autoritäten einzusetzen, ist eine der großen Leistungen von Aktivist*innen auf der ganzen Welt, die für Demokratie, soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und Klimawandel auf die Straße gehen oder sich anders aktiv in Projekte einbringen. Drei Aktivistinnen hat das Team um Regisseur Franz Böhm stellvertretend in ihrem Einsatz begleitet und mit ihnen einen Film geschaffen, der thematisch und atmosphärisch den Nerv der Zeit trifft. Geschickt in der Montage ineinander verzahnt, repräsentieren die drei Protagonistinnen drei große Themen unserer Zeit, die auf handwerklich eindrucksvolle Art erzählt werden.
Das Team von Franz Böhm geht dabei alles andere zurückhaltend vor: Die Filmschaffenden emotionalisieren mit ihrem Einsatz von Musik, schaffen über Zeitlupen und ikonische Heldeninszenierungen eine enorme dynamische Bilderkraft, montieren auf elegante Weise Found Footage in die Erzählung und texten gezielt auf Wirkung. All das ist extrem gelungen und vor allem legitim, weil es zu dem passt, was sie zeigen: Einsatz, Engagement, Emotionen ? einen Aktivismus, der Veränderung herbeiführen möchte und den der Film in jedem Moment spürbar werden lässt. Über das Offensichtliche hinaus bietet zudem die Bildebene eine Fülle weiterer Details und Ansätze, die die Zuschauer*innen, einiger Redundanzen zum Trotz, permanent am Ball bleiben lässt. Unter anderem etwa offenbaren die Bilder ganz nebenbei äußerst interessante soziokulturelle Unterschiede in den Ausformungen von Widerstand, und auch die herausragende Rolle von Frauen aller Generationen als Protagonistinnen, als Aktive, als Opfer findet vielschichtigen Eingang in den Film. Mag auch die beschriebene Wucht der filmischen Mittel in Momenten immer wieder die empfundene Nähe zu den Protagonistinnen beeinträchtigen, so bleibt unter dem Strich doch ein in den Augen der Jury äußerst bemerkenswerter Dokumentarfilm, der insbesondere bei der jüngeren Zuschauerschaft auf großes Interesse stoßen dürfte.



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