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FBW-Bewertung: Liebe, D-Mark und Tod (2022)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Wir gehen zurück in das Jahr 1961. Deutschland hat soeben mit der Türkei das sogenannte ?Anwerbeabkommen? abgeschlossen. Und der Strom türkischer Gastarbeiter nach Westdeutschland setzt ein. Für jeden Knochenjob in den Bergwerken, in den Fabrikhallen, an den Fließbändern, im Straßen- und Häuserbau und in der Müllbeseitigung wurden sie eingesetzt. Und sie holten ihre Familien nach. Regisseur Cem Kayas Dokumentation deutsch-türkischer Geschichte ab den 1960er Jahren basiert auf einer eindrucksvollen Archivarbeit. Dabei stellt er die Heimattreue und das Heimweh der Gastarbeiter*innen zum Mutterland Türkei mit ihrer Musik als besonders beliebtes, intensiv und leidenschaftlich gepflegtes Kulturgut in den Mittelpunkt. Dabei begleitet der Film die Entwicklung der Musik von den wehmütigen Lieder der ersten Jahre bis hin zu aktuellen Musikausprägungen. Dazu hören und sehen wir die berühmten türkischen Interpretinnen und Interpreten der so sehr geliebten Musikstücke, die vor allem als Musikkassette veröffentlicht wurden und bis heute Sammler auf den Plan rufen. So vermittelt der hervorragend montierte Film viel vom Lebensgefühl der Türken in Deutschland. Andererseits spart er aber Themen wie Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Missbrauch und Unterbezahlung der Gastarbeitenden nicht aus. Und er zeigt auch deutlich, wie schwer die Integration der neu hinzugezogenen Mitbürger*innen war. Zu sehr unterschieden sich die kulturellen Bedürfnisse und zu wenig war die deutsche Bevölkerung bereit, ihr Land als Einwanderungsland zu akzeptieren und die Einwanderer, seien es nicht nur Türken, sondern auch Griechen, Italiener, Spanier, Portugiesen etc. als gleichwertige Bürger anzuerkennen. Bis heute entwickelt sich dieses Verhältnis miteinander weiter. Nicht nur deswegen wäre eine Fortsetzung der Dokumentation sicherlich ein spannendes Unterfangen.



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