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FBW-Bewertung: Mutter (2022)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Das Thema Mutterschaft aus der Sicht von acht Frauen. Autorin und Regisseurin Carolin Schmitz wählte für sich die filmische Umsetzung dieses Themas die Hybrid-Form von inszenierter Dokumentation, allerdings bereichert mit einer bisher noch nie erlebten Besonderheit, ja Außergewöhnlichkeit: Anke Engelke allein gibt den acht Frauen die Gestalt und spricht ihre Erzählungen, wobei ihr jeweils acht Sprecherinnen lippensynchron die Texte im wahrsten Sinne des Wortes in den Mund legen.

Was erfahren, was hören wir? Bei allen Frauen ist der Kinderwunsch das wichtige Lebensthema, verbunden mit allen Fragen und Problemen, die das Leben einer Mutter mit Kindern bestimmen kann, ja muss. Ganz unterschiedlich dabei sind das Zusammenleben und ganz allgemein die Beziehungen zu den Vätern. Wir erfahren vom Mutterglück nach der Geburt, von Liebe, Freude und Sorgen für und mit den heranwachsenden Kindern. Wir erfahren von den Freiräumen, die sich Frauen nehmen (oder eben auch nicht) und voller Selbstbewusstheit die Betreuung der Kinder den Männern, Großeltern, Schwiegereltern zu überlassen wissen. Freiräume für die Erfüllung des eigenen Lebens. Dies alles sind erfrischend authentische und ehrliche, ja auch sehr intime Einblicke in die Rolle einer Mutter. Die historisch traditionelle und so selbstverständliche Mutterrolle als Mutterglück zu sehen, wird eindeutig gebrochen.

Ein sehr sorgfältiges Drehbuch gibt dem Film besonderen Reichtum durch die Wahl der verschiedenen Locations: Wir erleben Anke Engelke bei einem ganz gewöhnlichen Alltag zu Hause, bei Haushaltarbeiten, beim Essen, im Bad, beim Versorgen der Kaninchen, bei Entspannung und im Bett bei Nacht. Dann bei Autofahrten, beim Einkaufen, beim Zahnarzt, im Theater bei Kostümierung und Maske? Sie wirkt dabei immer kühl, streng, stark ? das Leben immer voll im Griff ? ein Stilelement der Dramaturgie. Ein besonderes Lob verdient die Bildgestaltung. Die Kamera folgt der Protagonistin in Groß- und Porträtaufnahmen perfekt, denn sie ist beständig dabei ?in Sprache?. Die Montagearbeit kann man mit Fug und Recht als herausragend bezeichnen. Die Erzählungen der acht Frauen werden nicht linear dargebracht, sondern kunstvoll so ineinander verwoben, dass der Zuhörer immer die Zuordnung behalten kann. Die acht verschiedenen Stimmen nahezu lippensynchron und auch noch mit den unterschiedlichen Geräuschebenen zu mischen ist eine phantastische Tonleistung.

In Abwägung aller Argumente vergibt die Jury gerne das Prädikat BESONDERS WERTVOLL.






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