Verrückt nach Figaro (2023)

"Verrückt nach Figaro": Komische Oper

"Ich habe mich immer schon zu schrägen romanischen Geschichten hingezogen gefühlt, in denen das Paar im Mittelpunkt nicht wirklich füreinander geschaffen zu sein scheint", sagt der Regisseur Ben Lewin über "Verrückt nach Figaro". Lewins Karriere ist reich an schrägen Figuren. Zu den ausgefallenen Kinokomödien des 1946 in Polen geborenen und in Melbourne aufgewachsenen Lewin, der in England an der National Film and Television School studierte, zählen "Der Gefallen, die Uhr und der sehr große Fisch" (1991), "The Sessions - Wenn Worte berühren" (2012) und "Please Stand By" (2017), ein kleiner, aber sehr feiner Film, der mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.

"Obwohl ich nicht gerade auf der Suche nach einem Film war, der in Schottland angesiedelt ist und in der ganz eigenen Welt von Opern-Wettbewerben spielt, war mein Interesse sofort geweckt, als mir der Stoff angeboten wurde", führt Lewin seine Beweggründe weiter aus, das Engagement für "Verrückt nach Figaro" anzunehmen. Herausgekommen ist eine romantische Komödie, die abseits der ungewohnten Kombination konträrer Elemente auf altbewährte Mittel setzt.

Von der Londoner City in die schottischen Highlands

Auch wenn die Hauptfigur in ihrem Bestreben, Opernsängerin zu werden, entfernt an die weltfremde Salonlöwin Florence Foster Jenkins (1868–1944) und das gleichnamige Biopic mit Meryl Streep erinnert, ist der Schritt, vom Bankensektor in die Welt der Musik zu wechseln, als Filmhandlung eher ungewöhnlich. In einem verschlafenen Nest im schottischen Hochland angekommen, läuft dann aber alles recht erwartbar. Die vom Luxus verwöhnte Fondsmanagerin Millie Cantwell (Danielle Macdonald) muss mit den spartanischen Zimmern im Pub "Filthy Pig" (deutsch: "Drecksau"), dem schottischen Essen, dem ungemütlichen Wetter und der ruppigen Art der Einheimischen erst einmal zurechtkommen. Die sich langsam anbahnende Romanze mit dem Koch Max (Hugh Skinner) verfährt nach dem Schema "Was sich liebt, das neckt sich".

Lewin kann dabei voll und ganz auf sein clever zusammengestelltes Ensemble setzen. Seine australische Landsfrau Danielle Macdonald, die im Film eine Amerikanerin spielt, hat ihr Talent für musikalische Rollen bereits in "Patti Cake$ - Queen of Rap" (2017) bewiesen. Hugh Skinner ist eine gute Wahl für die Rolle des schönen Eigenbrötlers. Gary Lewis ("Billy Elliot" u. a.) gibt einmal mehr einen nur nach außen schroffen Typen. Das Highlight ist jedoch die aus der Kultserie "Absolutely Fabulous" (1992–1996, 2001–2003, 2011) bekannte Joanna Lumley. In ihrer Rolle der alternden Ex-Operndiva nimmt sie kein Blatt vor den Mund und stößt ihre Schützlinge Millie und Max ohne Rücksicht auf Verluste vor den Kopf. Selbstredend schlummert aber auch in dieser harten Schale ein weicher Kern.

Wohlfühlfilm bei Schmuddelwetter

Alles in allem ist "Verrückt nach Figaro" ein wenig zu sehr auf Wohlfühlfilm getrimmt. Was die Handlung anbelangt, fehlt es dem von Lewin und Allen Palmer verfassten Drehbuch an Ecken und Kanten. Die harschen Gegensätze der Figuren kommen dadurch nur bedingt zur Geltung. Bereits 2020 gedreht, kommt "Verrückt nach Figaro" corona-verzögert nun bei strahlendem Sonnenschein in die deutschen Kinos. Während draußen Hitzerekorde gebrochen werden, wird einem drinnen im Saal bei schönstem schottischen Schmuddelwetter warm ums Herz.

Fazit: Gegensätze ziehen sich an, was eine von Danielle Macdonald gespielte Fondsmanagerin nicht nur in die Welt der Oper zieht, sondern auch ihr Herz für einen von Hugh Skinner verkörperten Eigenbrötler höherschlagen lässt. Überhaupt bietet Ben Lewins "Verrückt nach Figaro" viel fürs Herz. Eine romantische Wohlfühlkomödie bei schönstem schottischen Schmuddelwetter.